Quantcast
Channel: Ruhrspeak
Viewing all 106 articles
Browse latest View live

Ausstellungen im Dezember

$
0
0

Unsere Terminhinweise reichen bis ins nächste Jahr. Ist ja klar – und trotzdem auch mit Wehmut verbunden, denn schon wieder ist ein Jahr vergangen.

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

16.11.2019 – 19.1.2020
„Retrospektive“ – Fotografien von Wolfgang Quickels
Heimatmuseum Unser Fritz
Unser-Fritz-Str. 108
44653 Herne
und
VHS_Galerie – Haus am Grünen Ring
Wilhelmstr. 37
44649 Herne
herne.de – Ausstellung

noch bis 14.2.2020
„Von Menschen und Mauern “ – Fotografien u.a. von Rudi Meisel
Schloss Biesdorf
Alt Biesdorf 55
12683 Berlin
schlossbiesdorf.de – Ausstellung

noch bis 1.2.2020
„(An)sichten – Das Künstlerische im Dokumentarischen“ – Fotografien u.a. von André Gelpke
Art Foyer DZ Bank
Platz der Republik
60265 Frankfurt
dzbank-kunstsammlung.de – Ausstellung

noch bis 7.6.2020
„Entspannt euch! Freizeit im Ruhrgebiet“ – Fotografien aus der Sammlung des Pixelprojekt_Ruhrgebiet von Brigitte Kraemer, David Klammer und Dirk Krüll
St. Antony-Hütte
Antoniestraße 32-34
46119 Oberhausen
industriemuseum.lvr.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

noch bis 12.1.2020
„Laslo Moholy-Nagy“ Reihe Bauhaus am Folkwang
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Ausstellung

noch bis 25.1.2020
„Am den Rändern der Seidenstrassen – Fotografien aus Pakistan, China, Kirgisistan und Usbekistan von Eckhard Gollnow“
Wissenschaftspark Gelsenkirchen
Munscheidstr. 14
45886 Gelsenkirchen
wipage.de – Ausstellung

noch bis 16.2.2020
„Vom Leben in Industrielandschaften“ Eine fotografische Bestandsaufnahme
Leopold-Hoesch-Museum
Hoeschplatz 1
52349 Düren
kunststiftung-nrw.de – Ausstellung
noch bis 25.2.2020
„Mensch und Tier im Revier“ Fotografien und anderes
Ruhr Museum
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
ruhrmuseum.de – Ausstellung/2019/july/08/

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

29.1. – 29.2.2020
„Patient Gaza“ Fotografien von Hartmut Bühler
ZAKK gGmbH
Fichtenstr. 40
40233 Düsseldorf
zakk.de – Ausstellung

noch bis 9.2.2020
„Hochbunker“ – Fotografien von Boris Becker
Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur
Im Mediapark 7
50670 Köln
photographie-sk-kultur.de – Sammlung
noch bis 8.3.2020
„The look of sound“ – Fotografien von Norman Seef
MAKK – Museum für angewandte Kunst Köln
An der Rechtschule
50667 Köln
museenkoeln.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

noch bis 30.12.2019
„Die Ästhetik der Lüste“ – 180 Jahre Fotografie
Deutsches Fotomuseum
Raschwitzer Str. 11
04416 Markkleeberg
kuku-sigmaringen.de – Ausstellung

noch bis 3.11.2019
„OST / WEST BERLIN“ Fotografien von Nelly Rau-Hering
f³ – freiraum für fotografie
Waldemarstr. 17
10179 Berlin
fhochdrei.org – Ausstellung

noch bis 2.2.2020
„2019 Sony World Photography Awards // Nadav Kander“
Willy Brandt Haus
Stresemannstr. 28
10963 Berlin
fkwbh.de – Ausstellung

zusammengestellt von Peter Liedtke
aktuelle Terminhinweise an fotodesign.liedtke@gmx.de


Do Not Bend

$
0
0

Im Streifzug der Woche vom 21. Dezember 2019: Material für zwischen den Jahren.

Zuerst ein Blick in die Zeitung:

Kurz und knapp: Weegee Tells How (1958, 9′)

Harun Farocki und Vilém Flusser lesen die BILD (WDR 1986, 13′)

Dann das Hauptprogramm:

The Many Lives of William Klein (2012, 59′)

Do Not Bend: The Photographic Life of Bill Jay (2018, 95′) von Grant Scott, über Weihnachten komplett auf YouTube, und Texte von Bill Jay auf den ebenfalls von Scott betriebenen United Nations of Photography.

Daido Moriyama (Tate 2012, 11′)

Und zum Schluss:


Robert Frank, Alfred Leslie, Jack Kerouac: Pull My Daisy (1959, 26′)

Leaving Home, Coming Home: A Portrait of Robert Frank, † 2019, von Gerald Fox (2004, 49′) – die anderthalbstündige Langfassung ist frisch erschienen

 

Auf ein gutes Jahr 2020. Do not bend!

 

Text: Haiko Hebig
Titelbild: Gerald Fox

Alles wieder anders

$
0
0

So richtig los geht das neue Jahre für viele ja erst morgen. Da ist noch Zeit für etwas Lektüre. Der Streifzug vom 5. Januar 2020.

Mehr als nur ein Jahresrückblick und schon gar keine Best-of-Liste: 2019: A Short Guide To White People & Their Photography Books von Brad Feuerhelm auf American Suburb X. // Wer danach erst mal durchatmen muss: Arbeit an der Pause: Das Museum als Schlafsaal von Wofgang Ullrich. // Zuschlag für Düsseldorf: Mehr zum neuen Bundesinstitut für Fotografie auf Eiskellerberg.tv. //  Whom?, “a new journal focusing on community photography projects” und Arts of the Working Class.

°°°

 

Keinen so schönen Jahreswechsel hatten 1978 21.000 französische Stahlarbeiter und ihr Anhang: Präsident Giscard d’Estaing fand, es wäre Zeit, mit Deutschland zumindest mitzuhalten, worauf sein Premier Barre kurz vor Weihnachten seinen Stahlplan verkündete. Die Liste der Faktoren, die gegen die Reviere im Norden und in Lothringen sprachen, war lang. Ganz so radikal wie in England ging es nicht zur Sache, aber die Trente Glorieuses waren eindeutig vorbei:

Denain: Trente Glorieuses

In dieser Bruchphase war nicht nur Dolf Toussaint in Lothringen unterwegs, sondern auch Jean-Pierre Mocky, der dort mit Michel Serrault seinen Spielfim Ville à vendre drehte. Aus Jœuf, Homécourt und Hagondange sind diese leicht surrealen Bilder überliefert:

 

°°°

 

Heute spielt die Musik in erster Linie an Küstenstandorten. Europas größter liegt am entlegendsten, in Taranto im Südzipfel Italiens:

10 Millionen Tonnen pro Jahr Produktionskapazität, mehr als irgendwo anders in Europa mit einer einzelnen Fabrik, 8.000 Stellen in strukturell ansonsten überschaubarer Gegend, und das bis vor kurzem als Familienbetrieb mit schillerndem Oberhaupt.

Interessant wird die Geschichte dadurch, dass die Rivas es mit der Nichteinhaltung von Umweltvorschriften derart übertrieben haben, dass es zum Äußersten kam: “significant attention from the EU institutions” (PDF), Enteignung, Haftstrafen, Verkauf an einen als seriöser eingeschätzten Betreiber. ArcelorMittal hat in den vergangenen Jahren Berge versetzt und 4 Milliarden Euro in die Hand genommen, um das Werk zu bekommen. Immerhin geht es um nichts weniger als “Europe’s lowest cost asset” (PDF).

Die neueste Wendung, praktisch auf der Zielgeraden: Rücknahme staatlicher Zusagen durch Italiens neue Regierung, von ArcelorMittal quittiert mit Rückgabe des Werks, die Ministerpräsident Conte wiederum belegt hat mit Androhung des “legal battle of the century“. Momentan fährt Mittal die Produktion auf null: die ersten beiden Hochöfen am 12. und 30. Dezember, den letzten übernächste Woche, am 15. Januar. Dann steht das Werk erst mal und es bleibt alles wieder anders.

 

Text: Haiko Hebig

Zeitungs-Screenshots: Le Monde, New York Times
Postkarte: Sammlung Haiko Hebig
Luftbilder: esri ArcGIS, Microsoft Bing

Aktuelles – Streifzug vom 22. Januar 2020

$
0
0

Im neuen Jahr ist direkt viel los. Streifzug #14 zu aktuellen Meldungen der letzten Tage:

Dauerbrenner

Aus der Presse gar nicht mehr heraus kommt das hier schon mehrfach erwähnte geplante Bundesinstitut für Fotografie, aber es ist nicht unbedingt die Art von Presse, die sich manche Beteiligt erhofft haben werden. Denn wem die plötzlichen Finanzierungszusagen auch etwas spanisch vorkamen, ist nicht allein: Dass eine Kulturstaatsekretärin samt ihrer Expertenkommission vom eigenen Budgetgremium überfahren wird, daraufhin öffentlich die Beschlusslage in Frage stellt und dafür auch noch postwendend aus dem Hintergrund eine ebenfalls öffentliche Ansage vom hier schon erwähnten Hagen Lippe-Weißenfeld kassiert, sieht man jedenfalls nicht häufig.

Des Rätsels Lösung: Die Kulturstaatsekretärin ist gar nicht Herrin ihres Etats und damit auch nicht dieses Verfahrens, sondern “Marionette des Parlaments“, das eben nicht der Grütterschen, sondern der konkurrierenden Gurskyschen Idee eines Instituts grünes Licht gab, da dessen Truppen einfach besser auf Zack waren. Grütters: “Da gibt es natürlich auch viele Beziehungen zueinander“.

Während der Spiegel Andreas Gursky ein Podium für seinen Unsterb­lich­keits­wunsch gibt, fasst Peter Trutschner die beiden weniger freundlichen Artikel der Süddeutschen unter dem Stichwort einsetzende Refeu­dalisierung zusammen: konserviert werden solle hier hautpt­sächlich der Marktwert der langsam aber sicher aus der Mode kommenden Initiatoren, mittels 80 Millionen Euro Hand­geld zur Selbst­institutionali­sierung, von Buddies zugeschustert, auf eine Weise, die selbst für den chronisch intransparenten Kultur­betrieb etwas viel ist und bei dieser Gelegenheit von Jörg Häntzschel in der Süddeutschen seziert wird.

 

Kunsthistorisches Reenactment

Aby Warburgs mythischer Bilderatlas Mnemoysyne wird ab April im Berliner Haus der Kulturen der Welt in einer “nahezu vollständig mit den Originalabbildungen” erstellten Rekonstruktion zu sehen sein, mit Parallel­ausstellung in der Gemäldegalerie. Das ZKM Karlsruhe zeigte bereits 2016 eine vollständige Rekonstruktion aller 63 Bildtafeln, allerdings nur zwei mit Originalmaterial. Online sind einige Tafeln z.B. beim Warburg Institute zu sehen.

Zu Warburgs Lebzeiten blieb der Atlas unvollendet, seine Rekonstruktion begann in den 1970ern. Dass der Atlas seither ein “sonderbares Eigenleben” entwickeln konnte, liegt für den Rezensenten des Siegener Warburg-Symposiums 2013 auch daran, dass er ein “Produkt seiner wissenschaftlicher Rezeption” ist. Bonmot aus der Diskussion in Siegen: “Wäre Warburg fertig geworden, wären wir heute alle nicht hier”.

 

Performanz des Realen

Screenshots als “Rache der analogen Fotografie an der digitalen”: Deutschland­funk-Gespräch mit Peter Geimer und Annekathrin Kohout über das Buch von Paul Frosh.

 

Bilder, die keiner sehen soll

Wenn die Institutionen nicht mehr funktionieren, wird es knapp: National Archives exhibit blurs images critical of President Trump. David Ferriero, von Präsident Obama berufener Archivar der Vereinigten Staaten, hat ein großformatiges Ausstellungsfoto vom 2017 Women’s March so verändern lassen, dass beispielsweise aus “God Hates Trump” “God Hates” wird und um Himmels Willen keine Bezeichnungen weiblicher Geschlechtsorgane zu lesen sind. Wer nun denkt, in der Kunstwelt würde auf eine so schmale Ideen schon keiner kommen, für den hat Peter Trutschner etwas vorbereitet: Gottlos, roh und unschicklich – Neue Formen der Zensur bei künstlerischen Bildern.

 

Bilder, auf denen man vielleicht besser nicht drauf wäre

Wer vor nicht zu langer Zeit sagte, automati­sierte Gesichts­erkennung gehöre verboten, wäre nicht nur von dessen Proponenten in die Nähe von Aluhutträgern gerückt worden. Doch spätestens seit bekannter geworden ist, was China damit so gegen seine Bürger treibt, ist “Digital First – Bedenken second” nicht mehr erste Wahl: die anlasslose Vollüberwachung der Bevölkerung hält zwar noch Bundesinnenminister Seehofer für eine gute Idee, nicht mehr aber die Europäische Kommission, die offenbar ein KI-Moratorium plant.

Was technisch möglich ist, demonstriert derweil die Firma Clearview AI. Sie hat unter anderem drei Milliarden der schönen Fotos, die wir alle von uns auf soziale Netzwerke hochgeladen haben, geerntet und damit ein Bild-rein-Personenprofil-raus-System gebaut, wie es sonst noch keiner gewagt hat. Ein Investor: “Sure, that might lead to a dystopian future or something, but you can’t ban it.

 

Bilder, die noch entstehen können

Der Stilllegungspfad Braunkohle ist draußen, also der Zeitplan, nach dem die verbliebenen Braunkohlenkraftwerke in Deutschland stillgelegt werden sollen. Damit ist auch klar, wie lange sich solche Anlagen noch in Betrieb fotografieren lassen. Möglicherweise ist noch Luft für etwas facettenreichere Darstellungen als die typischen der letzten Jahre.

Ein grundsätzliches Problem fotografischer Arbeiten, die technischen oder gesellschaftlichen Wandel abbilden sollen, ist die adäquate Behandlung des Davor-Zustands, einfach, weil viele Themen erst auf dem Radar auftauchen, wenn der Wandel bereits sichtbar geworden ist. Aktenstudium kann auf die richtige Fährte führen – Änderungen an Bauten und Anlagen bedürfen Planungen und Genehmigungen, und viele davon sind öffentlich einsehbar.

So gibt es beispielsweise in diesem Bericht der NRW-Landesregierung (PDF) zur Frage der Grubenwasserhaltung im Ruhrgebiet auf Seite 11 eine Tabelle zu bergrechtlichen Betriebsplänen. Zum Standort Zollverein steht dort: “Abschlussbetriebsplan zum Rückzug aus der Grube und zur Einstellung der Wasserhaltung liegt vor, Betriebseinstellung Ende 2021 geplant”. Dann ist das Welterbe und Symbol Zollverein kein Bergwerk mehr. Daran ließe sich doch sicherlich die ein oder andere Fotoserie aufhängen. Zwei Jahre Zeit sind noch.

 

Und sonst?

Bob Thall: Southeast Chicago, 1987

Bob Thall: Southeast Chicago, 1987

Für Freunde der gepflegten Fachkamera-Fotografie: Bob Thall, 1972 bis heute.

 

Text: Haiko Hebig
Titelbild: Bob Thall

Ausstellungen im Februar

$
0
0

Der Februar kommt mit Macht um die Ecke – und bringt schlechtes Wetter mit Sturm und Regen. Diese Zeit kann man am besten vor anregenden Fotos im Museum verbringen. Beim Pixelprojekt, im Ruhrgebiet, in NRW, Deutschland und anderswo.

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

Fotografie Förderpreise der Wüstenrot Stiftung“ Fotografien u.a. von Christian Kasners
Grunewaldstr. 6/7
10823 Berlin-
Schöneberg
hausamkleistpark.de

noch bis 19.3.2020
„weiss“ – u.a. Fotografien von Britta Lauer und Walter Schernstein
Wilhelm Lehmbruck Museum Galerie Rheinhausen
Händelstr. 6
47226 Duisburg
duisburg.de/stadtbib

noch bis 19.4.2020
„An Ort und Stelle. Fotografie des Gegenwärtigen“ – Fotografien u.a. von Wolfgang Zurborn
Kunstmuseum Reutlingen / Konkret
Eberhardstr. 14
72764 Reutlingen
reutlingen.de – Ausstellung

„Entspannt euch! Freizeit im Ruhrgebiet“ – Fotografien aus der Sammlung des Pixelprojekt_Ruhrgebiet von Brigitte Kraemer, David Klammer und Dirk Krüll
St. Antony-Hütte
Antoniestraße 32-34
46119 Oberhausen
industriemuseum.lvr.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

21.2. – 1.6.2020
„The Story of S“ – Arbeiten von Tokyo Rumando
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Ausstellung Rumando

6.2. – 22.3.2020
„Vertrautheit mit den Dingen“ Fotografien von Aenne Biermann
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Aussstellung Biermann

9.2. – 3.5.2020
„4100 Duisburg – das letzte Jahrhundert“ – Fotografien von Laurenz Berges
Josef Albers Museum – Quadrat Bottrop
Im Stadtgarten 20
46236 Bottrop
bottrop.de – Ausstellung

noch bis 25.2.2020
„Mensch und Tier im Revier“ Fotografien und anderes
Ruhr Museum
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
ruhrmuseum.de – Ausstellung

„The Sixties and more“ Fotografien von Linda McCartney
Ludwig Galerie Schloss Oberhausen
Konrad Adenauer Allee 46
46049 Oberhausen
ludwiggalerie.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

29.1. – 29.2.2020
„Patient Gaza“ Fotografien von Hartmut Bühler
ZAKK gGmbH
Fichtenstr. 40
40233 Düsseldorf
zakk.de – Ausstellung

5.2. – 1.6.2020
„Untold Stories“ Fotografien von Peter Lindbergh
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
kunstpalast.de -Ausstellung

noch bis 9.2.2020
„Hochbunker“ – Fotografien von Boris Becker
Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur
Im Mediapark 7
50670 Köln
photographie-sk-kultur.de – Sammlung

noch bis 16.2.2020
„Vom Leben in Industrielandschaften“ Eine fotografische Bestandsaufnahme
Leopold-Hoesch-Museum
Hoeschplatz 1
52349 Düren
kunststiftung-nrw.de – Ausstellung

noch bis 8.3.2020
„The look of sound“ – Fotografien von Norman Seef
MAKK – Museum für angewandte Kunst Köln
An der Rechtschule
50667 Köln
museenkoeln.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

5.2. – 5.4.2020
„Das illegale Bild“ Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur
f³ – freiraum für fotografie
Waldemarstr. 17
10179 Berlin
fhochdrei.org – Ausstellung

noch bis 2.2.2019
„2019 Sony World Photography Awards // Nadav Kander“
Willy Brandt Haus
Stresemannstr. 28
10963 Berlin
fkwbh.de – Ausstellung

zusammengestellt von Peter Liedtke
aktuelle Terminhinweise bitte an fotodesign.liedtke@gmx.de

Linda McCartney – die Kamera macht die Musik

$
0
0

Ikonographische Starkultporträts des Pop und Rock in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Wer wäre nicht gerne Rockstar oder Fotograf? Oder gar beides. Das haben nur wenige Menschen geschafft. Beispielsweise Bryan Adams, Wolf Hoffmann, Lenny Kravitz, Farin Urlaub, Graham Nash, Michael Stipe und Patti Smith. Und Linda Eastman, seit 1969 Ehefrau von Beatle Paul McCartney.

Janis Joplin im Fillmore East mit “Ball and Chain”, New York, 1967 © Paul McCartney/Fotografin Linda McCartney/Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann

Janis Joplin im Fillmore East mit “Ball and Chain”, New York, 1967 © Paul McCartney/Fotografin Linda McCartney/Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann

Als die Amerikanerin Eastman (1941–1998) Mitte der 1960er Jahre zu fotografieren beginnt, gerät sie unmittelbar in die Szene von Rock und Pop. Ausgerechnet eine Presseeinladung zu einer Promotionparty der Rolling Stones öffnet ihr die Türen als Fotografin der Musik- und Rockszene. Hier beginnt ihre Karriere. Außerdem trifft sie die Beatles und damit ihren späteren Ehemann Paul, den sie später als Keyboarderin der gemeinsamen Band Wings begleiten wird.

Aber vor allem ihre Bilder der großen Musikstars der späten 1960er Jahre prägen bis heute unser Bildgedächtnis. Janis Joplin und Jimi Hendrix, Nico und Brian Jones, The Doors und The Who, Aretha Franklin und Bob Dylan werden von ihr in selbstverständlicher Natürlichkeit und Nähe ins Bild gesetzt. Die Ausstellung zeigt mit den Fotos aus den Sixties eindringliche Momente dieser intensiven musikalischen Ära. Was Linda später belastete, war die Tatsache, dass sie als Ehefrau, Mutter und Musikerin selbst zur öffentlichen Person wurde und von Paparazzi wie der Regenbogenpresse gleichermaßen ‘gejagt’ wurde.

Paul McCartney © Paul McCartney/Fotografin Linda McCartney/Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann

Paul McCartney © Paul McCartney/Fotografin Linda McCartney/Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann

Darüber berichtet Autor und Biograf Danny Fields in seinem Buch Linda McCartney – Porträt einer unbekannten Frau (Hannibal Verlag, 2001): Paul und Linda McCartney, 30 Jahre einer perfekten Symbiose, skandalfrei, mit wohlgeratenen Kindern gesegnet und einer Wings-Karriere, die eher dahinrumpelte. Ein Publikumsliebling wurde Linda dabei ebenso wenig wie ihr Gegenpart Yoko Ono – zu sehr wurde beiden Frauen die Trennung der Beatles angelastet. Auch verlor “Lovely Linda” als Frau des Chefs zuweilen angeblich ihren Liebreiz: einige Wings-Musiker wurden mit der Abschiedsformel “Danke für nichts und auf Nimmerwiedersehen” von Pauls Herzensdame in Rente geschickt.

Der Leser erfährt, dass auf Wings-Tourneen selbst Roadies, die allabendlich tonnenweise Equipment herumwuchteten, von den Vegetariern Paul und Linda vertraglich zu einer Schmalkost aus Hirseklopsen und Tofuspätzle verdonnert wurden.

In der Ludwiggalerie wird neben den Fotografien dem Thema Musik und seiner bildkünstlerischen Ausformung nachgespürt. Der Gestaltung von Plattencovern ist ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet. Ikonische Designs wie Hipgnosis‘ The Dark Side of the Moon für Pink Floyd, Klaus Voormanns Revolver für die Beatles oder Andy Warhols Sticky Fingers für die Rolling Stones haben längst Kultstatus erlangt. Ein eigens für die Ausstellung zusammengestellter Soundwalk ermöglicht, musikalisch in die Zeit der Sechzigerjahre einzutauchen.

Linda McCartney hat neben ihren Fotos aus dem Bereich der Musik auch auf ihren Reisen die Kamera mitgenommen. Ihre Roadworks zeigen ausdrucksvoll die Beobachtungen von Menschen und Räumen. Und schließlich ist McCartney im experimentellen Bereich kreativ geworden. Als Sunprints werden die durch das Tageslicht belichteten Bilder bezeichnet, die vom Stillleben bis zum Porträt reichen. Auch die Familienaufnahmen sind von künstlerischem Rang. Ihr Kameratalent geerbt hat Tochter Mary Anna (*1969), die sich als Celebrity-Fotografin ebenfalls einen Namen gemacht hat.

13 Sunprints, Selbstporträt © Paul McCartney, Fotografin Linda McCartney, Courtesy Sammlung Reich

Sunprints: Selbstporträt © Paul McCartney/Fotografin Linda McCartney/Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann

Die Ausstellung in Oberhausen wurde erarbeitet mit Fotografien aus der Sammlung Ina Brockmann und Peter Reichelt, die Anfang der 1990er Jahre ihre Kollektion in Kooperation mit Linda McCartney zusammengestellt haben.

Diese Rezension ist eine Mixtur aus dem lesenswerten Linda McCartney-Booklet, dem Museumspressetext und der Fields-Buchinhaltsangabe, verfasst von einem begeisterten Hartmut Bühler, Fotograf in Düsseldorf. Die Broschüre erläutert das Blickfeld der fotografischen Autodidaktin McCartneys, die 1963 einen Kurs bei der berühmten Fotografin Hazel Archer (1921-2001) in Tucson, Arizona, belegte. Spannende Informationen über Arbeitsweisen und Begegnungen mit den MusikerInnen von McCartneys sind den Bildlegenden in der Ausstellung zu entnehmen.

Die Linda McCartney-Broschüre ist erhältlich im Museum Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Herausgegeben von Museumsdirektorin Dr.Christine Vogt.

Bis zum 3. Mai 2020 in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Fotografin unter Musikern – Linda McCartney. The Sixties and more.
Gefördert von Peter und Irene Ludwig Stiftung

ludwiggalerie.de

Text und Ausstellungsfotos: Hartmut Bühler

 

Austellungsfoto "LInda McCarthy

The Beatles, 1967. McCartney wird zur Presseveranstaltung für das Sgt.-Pepper-Album eingeladen:” Ich fand die Bilder künstlerisch nicht sonderlich gelungen, außer der Aufnahme von John und Paul mit den Daumen nach oben. Da hatte ich das Gefühl, dass es eine Interaktion gab, und außerdem war ich die einzige Fotografin, die dieses Foto hatte.” _ Sammlung Ina Brockmann und Peter Reichelt. Ausstellungsfoto: Hartmut Bühler.

Ausstellung "Linda McCarthy"

Rockfans sind alterslos. Ausstellungsfoto: Hartmut Bühler

Lindas Equipment. Ausstellungsfoto: Hartmut Bühler.

Die Pixelprojekt-Internetseite – bald ganz neu

$
0
0

Nun könnte es also bald losgehen mit dem Neuaufbau und der Umgestaltung der Internetseite von Pixelprojekt Ruhrgebiet. Technisch, gestalterisch und redaktionell ist eine Menge zu tun.

Seit dem Launch 2003 von pixelprojekt-ruhrgebiet.de hat sich die Welt rasant weitergedreht und erwartet heute technisch einwandfreie Performance, modernes Design, aktuelle Inhalte und leichtes Navigieren durch die Website. Allen diesen Ansprüchen genügt der gegenwärtige Auftritt nicht mehr.

Workshop

Zum Auftakt der Revovierungsarbeiten hatte Peter Liedtke am 22. Januar Pixelprojekt-Fotograf*innen, Fördervereinsmitglieder, Jury und Freund*innen des Projektes zu einem Workshop in den Wissenschaftspark Gelsenkirchen eingeladen. Ihre Expertise und ihr Rat waren gefragt, um der neuen Website den richtigen Schub zu geben.

Workshop Internetseite Pixelprojekt Ruhrgebiet.

Foto: Melanie Kemner

18 Interessierte waren gekommen und gingen zunächst auf eine Zeitreise – 2003 Was hat sich seitdem verändert? – 2020 Wo stehen wir heute? – 2040 Was ist dann besser? und erörterten Perspektiven von Nutzer*innen und Fotograf*innen auf das Pixelprojekt sowie die Frage, wie man das Projekt zukunftssicher machen kann.

Hier sollen einige Stichpunkte aus der Diskussion wiedergegeben werden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Internetseite muss aktueller werden

  • weniger Nostalgie, mehr heutige Fotografie
  • wechselnde Inhalte auf Startseite
  • Bild des Monats
  • Wer sind die User*innen der Website? Welche wollen wir gewinnen?


Internetseite muss leichter zu bedienen sein

  • Upload für Bewerbungen verbessern, eindeutige Fehlermeldungen Bewerbungsverfahren zu lang und langsam
  • virtuelle Jury?
  • kuratierte Inhalte?


Pixelprojekt/Internetseite muss sich öffnen für junge Fotograf*innen

  • Aktionen für Community, Instagram, Instaworld.ruhr, Schnittstelle Blog ruhr.speak

 

Im Anschluss präsentierten Stefan Dolfen und Julia Orlik von der Agentur eye-d-Design erste grafische Entwürfe für die neue Website.

 

Workshop Internetseite Pixelprojekt Ruhrgebiet.

Foto: Melanie Kemner

Dringlich bleibt die Frage der institutionellen Anbindung von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Um das Projekt langfristig zu sichern, braucht es ein verlässliches „Zuhause“. Verbunden mit dieser Chance ist die Gefahr, dass das Projekt seine Unabhängigkeit verliert.

Zurzeit wird Pixelprojekt von der Brost-Stiftung gefördert. Weitere Mittel sind für die Umsetzung des Relaunches unabdingbar.

Ausblick

Peter Liedtke beschloss den Workshop mit dem Dank an alle Beteiligten für inspirierende Ideen und Denkanstöße sowie die Moderatorin Melanie Kemner. Er kündigte an, kleine „Ratschläge“ zu einzelnen Fragen (Juryverfahren, Schnittstellen zu Social Media/Blog ruhr.speak etc.) einzuberufen.

Sobald die neue Website konkreter vorgestellt werden kann, ist eine Präsentation für die Pixelprojekt-Webcommunity vorgesehen.

Text: Martina Kötters

„Keinen Hass, keine Rache.“

$
0
0

Die ergreifenden Fotoporträts Holocaust-Überlebender von Martin Schoeller in Essen

„Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“ ist eine Aussage Theodor W. Adornos aus seinem Aufsatz ‘Kulturkritik und Gesellschaft’, der 1951 erstmals veröffentlicht wurde. Und der Verfasser dieser Zeilen fragt sich ernsthaft, ob nicht ein Klügerer als er würdiger wäre, über die 75 Fotoporträts Survivors des deutschen Fotografen Martin Schoeller zu schreiben. 75 jüdische Überlebende, 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945.

Die 150 Augen der Holocaust-Survivors schauen den Betrachter im Gebäude der Kokerei Areal C direkt an. Der Strahlkraft der Blicke derer, die der Hölle von Auschwitz entkommen sind, kann sich niemand entziehen. Die Gesichter in den weißen Bilderrahmen an den grauen Kokerei-Wänden erzeugen in den imposanten Räumen eine Wirkungskraft, die zu Stille und Einkehr gemahnen. Mein Besuch im Weltkulturerbe Zollverein Areal C (Kokerei) war nicht nur für mich als Porträtfotograf Pflicht, sondern auch die als direkter Nachfahre der Tätergeneration.

Schoeller Studio

Martin Schoeller 2019, © Martin Schoeller Studio

Martin Schoellers ‘Big-Head’-Ästhetik und die damit verbundene Lichtregie mittels zweier paralleler Neon-Striplights – ein Selbstbau bestehend aus je vier vertikal angeordneter Neonröhren – ist bekannt aus seinen Hollywood Glamourporträts. Im Falle der Holocaust-Überlebenden betonen sie deren Augen, die fern von Hass auf die Betrachter gerichtet sind. „Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst. Das ist es, was unsere Torah uns aufträgt. Hasse nicht. Räche dich nicht. Das führt nur zu mehr Blutvergießen,“ so Rabbi Israel Meir Lau. Chana Arnon (*1939, NL_Leeuwarden): „Die Menschen müssen an der Hoffnung und an den Werten der liberalen Demokratie festhalten und sicherstellen, dass für die Schwächsten unter uns gesorgt ist.“

 

Hannah Goslar Pick 2019, © Martin Schoeller

Hannah Goslar Pick 2019, © Martin Schoeller

Schoellers Arbeitsweise und Umgang mit den Portraitierten in Jerusalem wird in einem 15 minütigem Making-of-Video in einer der sieben Kokerei-‘Galerien’ gezeigt. Die Zeche Zollverein hat ihre eigene NS-Geschichte. 175 sowjetische Kriegsgefangene, 373 Kriegsgefangene aus anderen Ländern sowie 221 sogenannte ‘Ostarbeiter’ mussten schwerste Grubenarbeiten verrichten. Auf dem Gelände der späteren Kokerei befand sich 1944 eins der örtlichen Kriegsgefangenenlager.

Avner Shalev, Vorsitzender der internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem: „ … Die bezwingenden Porträts … fangen die durch die Vergangenheit geprägten Gesichter von Menschen ein, die die Gräueltaten des Holocaust überlebten. Die bemerkenswerten Fotografien von Martin Schoeller ermöglichen uns, in ihren Augen nach Spuren dessen zu suchen, was sie durchlebt haben, und uns von ihrer Widerstandsfähigkeit und Stärke inspirieren zu lassen.“

Ausstellung "Survivors" in der Mischanlage der Kokerei Zollverein. Foto, im Auftrag der Stiftung Zollverein, Jochen Tack.

Ausstellung “Survivors” in der Mischanlage der Kokerei Zollverein. Foto, im Auftrag der Stiftung Zollverein, Jochen Tack.

Zur Ausstellung gibt es ein Fotobuch im Steidl Verlag mit den 75 Portraits und zugehörigen Biografien sowie einem Vorwort von Bundespräsident a.D. Joachim Gauck:

„ … Wir schauen nun – all die Jahre nach dem großen Verbrechen – in die Gesichter von Menschen, die nicht verschlungen worden sind von der Tötungsmaschinerie. Wir sehen in die Augen der Menschen, die vom Schmerz oder vom Glück des Überlebens erzählen – wir sehen die lebensgeprägten Gesichter, vergleichen sie mit den Gesichtern der Alten aus unseren Familien, ahnen wenig davon, welche Erfahrungen welche Falten geprägt haben und freuen uns über all die Jahre, die über die Gesichter dieser Menschen haben gehen dürfen. Wie gern hätten wir auch das alte Gesicht von Anne Frank gesehen, das uralte von Edith Stein!

Mit solchen Gedanken und Gefühlen ist uns ein Augenblick der Begegnung zuteil geworden. Wir kennen diese Menschen nicht, aber wir dürfen dem Künstler, der sie porträtierte, danken. Er hat sie in ihrer Besonderheit erkannt, und so vor unsere Augen gebracht, dass wir ein Gespräch beginnen können – mit ihnen und mit uns selber.“ …

Zum Thema sind zahlreiche Bücher und Fotoserien erschienen. Bekannt sind vor allem die Jüdischen Portraits von Herlinde Koelbl. Mit großer Sensibilität hat sie deutschsprachige Juden fotografiert, die der Shoah entkommen sind. 2019 hat Konrad Rufus Müller den Bildband ‘Unfassbare Wunder’ mit 24 Portraits herausgebracht. Sehr intensiv sind auch die großformatigen Gegen das Vergessen-Portraits des Mannheimer Fotografen Luigi Toscano, die 2015/16 weltweit gezeigt wurden.

UNESCO-Welterbe Zollverein Areal C (Kokerei)
Mischanlage Arendahls Wiese 45309 Essen

22. Januar bis 26. April 2020
täglich von 11.00-17.00 Uhr

Eintritt:
Nach eigenem Ermessen

www.zollverein.de

„SURVIVORS“ ist ein Projekt der Stiftung für Kunst und Kultur Bonn und der Internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Kooperation mit der Stiftung Zollverein und dem Ruhr Museum. Kuratorinnen sind Anke Degenhard und Vivian Uria.

Das Projekt wurde initiiert vom deutschen Freundeskreis von Yad Vashem unter Kai Diekmann, ehemaliger Bild-Chefredakteur, und wird unterstützt und finanziert von der RAG-Stiftung. Die Portraits sind weltweit erstmalig auf Zollverein zu sehen.

Text: Hartmut Bühler


Die schöne Seele des Peter Lindbergh – im Kunstpalast Düsseldorf

$
0
0

140 von Millionen: ‘Untold Stories’, die Best-of Werkschau des großen Kamerakünstlers

„Als ich meine Fotos das erste Mal an der Wand … gesehen habe, habe ich mich erschreckt, aber auch positiv. Es war überwältigend, auf diese Art vor Augen geführt zu bekommen, wer ich bin“, so Lindbergh, der als Peter Brodbeck am 23. November 1944 in Leszno/heute Polen, geboren wurde.

Portrait PETER LINDBERGH © Foto: Stefan Rappo

Portrait PETER LINDBERGH © Foto: Stefan Rappo.

Vorweg: wer als Besucher zwingend Neues vom Meister aus Paris erwartet hat, wird eines anderen belehrt. Die Auswahl des am 3. September 2019 so überraschend verstorbenen Fotografen Lindbergh von Abermillionen geschossener Fotos macht dennoch staunen. Vor allem die Menschenbilder. Exakt 140 by Lindbergh kuratierte Fotos zeigen seine Berufs- wie Lebensbilanz. Denn mehr als 140 Bilder könne ein Publikum nicht aufnehmen. „An diese einzige Beschränkung hat er sich gehalten“, so Felix Krämer. Für sein Best-of investierte er zwei Jahre „Kampf zwischen Leben und Tod“. Es sind dann, so Lindbergh, reine ‘Bauchentscheidungen’ geworden. Ein Jammer, dass Lindbergh Lindberghs Best-of in Düsseldorf nicht mehr sehen konnte.

Fest steht: seine Fotografien sind längst in der Kunstwelt angekommen. Kunstpalast Generaldirektor Felix Krämer: „Lindbergh hat Fotogeschichte geschrieben. In den 1980er Jahren erweiterte er die Bildsprache der Modefotografie – eine Pionierleistung, deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart zu spüren sind.“

Peter Lindbergh Sasha Pivovarova, Steffy Argelich, Kirsten Owen & Guinivere van Seenus, Brooklyn, 2015

Sasha Pivovarova, Steffy Argelich, Kirsten Owen & Guinivere van Seenus, Brooklyn, 2015. © Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh, Paris)

Der von Peter Brodbeck zu Beginn der 1970er Jahre gewählte Künstlername Lindbergh klingt international und half ihm dabei, Weltkarriere zu machen. Wie kaum ein anderer verstand es der in Duisburg aufgewachsene ehemalige Schaufensterdekorateur und Kunststudent, die als eher oberflächlich betrachtete Mode- und Werbefotografie um ‘Tiefe’ und Storytelling zu erweitern. Denn ihm ging es immer mehr um die Gesichter und Persönlichkeit seiner Protagonisten als um die Mode selbst. In ‘Untold Stories’ zeigt er, was seine Bilder jenseits der Mode bewirken. Lindbergh im Krämer-Interview: „Die Fotografie ist viel größer als die Mode selbst, sie ist Bestandteil der Gegenwartskultur wie die Musik.“

Düsseldorf und Lindbergh haben eine ganz persönliche Beziehung. Schon der Nachname seines Lehrherrn Hans Lux, Werbefotograf in Düsseldorf, ist eine kleine Story. Lux, lateinisch Licht, ist Grundvoraussetzung für jedes Foto. Und Lindbergh wurde zum Virtuosen des Lichts. Das zeigen explizit zwei je drei mal vier Meter große Motive im zur Lindbergh-Kathedrale verwandelten Kunstpalast.

US-Model Erin Wasson steht in den Kulissen des Paramount Studios. Sie wird vom Spot eines Filmscheinwerfers erfasst und von Lindbergh aufs Korn seines Films fixiert. Daneben Filmstar Uma Thurman, deren fein ausgeleuchtetes linkes Auge den Betrachter fixiert. 140 Clicks. Oder auch 140 Filmstills.

Uma Thurman, New York, 2016.© Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh, Paris)

Uma Thurman, New York, 2016.© Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh, Paris)

Die beiden ‘Seitenschiffe’ der Kathedrale sind als Installationen konzipiert. ‘Manifest’ besteht aus XXL-Fototapeten, die acht Meter in die Höhe ragen. Das ‘Langhaus’ hingegen zeigt gerahmt ‘die wichtigsten Arbeiten seines gesamten Œuvres in einer losen Chronologie, aber in neuen Zusammenhängen’, so Felix Krämer.

Klar, dass Lindbergh mit seinen Fotografien experimentiert und seine längst zu Ikonen gewordenen starken Frauen in den Mittelpunkt dieser Werkschau gestellt hat. Schön aber auch, dass er uns alltägliche Motive wie eine Sonnenblume, ein Verbotsschild, Hände, ein Stillleben mit Hummer, zwei Stühle mit Tisch und Aschenbecher am Strand, Frauenschuhe im Schlamm oder Raben umflattern eine Parkbank nicht vorenthält. Nur ein absolut souveräner Geist zeigt so etwas. Fast jeder andere Fotograf würde dafür belächelt.

Peter Lindbergh Karen Elson Los Angeles, 1997 © Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh, Paris)

Karen Elson, Los Angeles, 1997. © Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh, Paris)

Übrigens, Lindbergh hat den jungen Brodbeck nie vergessen: denn er fotografierte selbstverständlich auch im Ruhrgebiet. Model und Schauspielerin Amanda Cazalet zieht einen Kinderwagen mit Bierflaschen auf der Straße: königlich. Das war 1985. 1984: Model Kara Young vor Industriefassade, Schauspielerin Ariane Koizumi raucht Zigarette in einer Industriehalle oder Zeche.

Lindbergh überrascht permanent, auch am Ende der Ausstellung. Dort erwartet uns der Tod in einer Dunkelkammer, einer Art Todeszelle. Elf Porträts blicken uns darin an, mit würdigem Blick. In Farbe. Sie zeigen alle den 2013 hingerichteten Mörder Elmer Carroll. Ihn hat Lindbergh nicht nur mit der Foto-, sondern auch der Filmkamera besucht. 30 Minuten dauert die Filminstallation ‘Testament’, die Lindbergh durch einen Einwegspiegel mit Erlaubnis des Häftlings in Florida aufgenommen hat. Felicity Korn, Referentin von Generaldirektor Krämer. “Dieser Film zeigt eine überraschende und bisher unbekannte Seite von Lindberghs Arbeit. Er hat sich darin mit elementaren Fragestellungen auseinandergesetzt, wie Freiheit und Empathie.”

Todgeweiht sind wir alle. Unsterblich aber bleibt Lindbergh durch seine Fotos. Die zeigen, wer er war: ein leidenschaftlicher Menschenfreund, der mit seiner Kamera die innere Schönheit seiner Porträtierten gesucht und hoffentlich oft gefunden hat.

Ausstellung Peter Lindbergh.

Peter Lindbergh – Ausstellungsfoto: Hartmut Bühler

Alle präsentierten Fotos sind vom PL Studio, Paris, für die Ausstellung eigens hergestellte Abzüge. Bei den Fototapeten handelt es sich um sogenannte Bluebacks; Drucke auf Affichenpapier, wie sie auch für die Plakatierung im Stadtraum verwendet werden. Der farbige, meist blaue Hintergrund verhindert ein Durchschimmern von überklebten, älteren Plakatmotiven.

Peter Lindbergh – Untold Stories
bis zum 1. Juni im Kunstpalast Düsseldorf

www.kunstpalast.de

Danach reist die Werkschau nach Hamburg, Darmstadt und Neapel.

Der XXL-Ausstellungskatalog enthält einen sehr persönlichen Text von Wim Wenders sowie ein must read-Interview von Felix Krämer mit Peter Lindbergh.

Text und Ausstellungsfotos: Hartmut Bühler

Laurenz Berges. 4100 Duisburg. Das letzte Jahrhundert im Josef Albers Museum

$
0
0

Duisburg war noch um 1960 eine vitale Industriestadt mit hoher Lebensqualität. Sie zählte zu den deutschen Städten mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. … Heute ist die Infrastruktur marode, die Stadt ist hoch überschuldet und kann die Kosten ihrer tatsächlichen Aufgaben nicht mehr leisten.

Auch das Terrain, das Berges über zehn Jahre in Duisburg geduldig erkundet hat, ist gekennzeichnet von dieser tief reichenden Misere. … Dabei geht es in diesen Bildern jedoch nie um eine konkrete Darstellung sozialer Fehlentwicklungen. Berges interessiert vielmehr, wie die Dinge im Bild sprechend gemacht werden können, um eine Erfahrungsdimension nachvollziehbar werden zu lassen…

Alt-Homberg, 2017. Foto: Laurenz Berges.

Alt-Homberg, 2017. Foto: Laurenz Berges.

In Duisburg hat er Bilder einer Leere gefunden, die von einem grundlegenden Schweigen erfüllt sind. Das Licht und die Stille sind ihre Boten. … In diesen Fotografien ist eine Langsamkeit der Beobachtung angelegt, die sich auf unsere Betrachtung überträgt.“ … (aus dem Pressetext zu 4100 Duisburg. Das letzte Jahrhundert)

Zugegeben, die Schönheit des Unscheinbaren im Pressetext ist poetisch und bedeutungsreich geschrieben. Jedoch sind 75 Motive aber dann viel, wenn sie wie derzeit im Quadrat, derart ‘langsam’ aufgenommen wurden. Es fehlt Spannung, es fehlen Überraschungen in den „Bildern … die von einer ganz eigenen Kolorierung gekennzeichnet sind, die typisch für die in der Stadt ansässige Industrie ist: Der rötliche Staub der Kupferhütte liegt nach wie vor über allen älteren Gegenständen im Freien und verleiht ihnen ein rostfarbenes Aussehen,“ … so Prof. Thomas Weski im Ausstellungskatalog.

Bahndamm, Duisburg-Beek, 2014. Foto: Laurenz Berges.

Bahndamm Duisburg-Beek, 2014. Foto: Laurenz Berges.

Fotograf Berges (*1966 in Cloppenburg) befindet sich auf Augenhöhe mit Robert Adams und Walker Evans. Das im Foyer des Josef Albers Museum Quadrat Bottrop. Dort hängen die Ausstellungsplakate der drei Fotokünstler nebeneinander. Albers Museumsdirektor Dr. Heinz Liesbrock sieht Berges auch in „den Spuren Eugène Atgets“.

Aber ob die Einschätzung der Galerie Thomas Zander über Eugène Atgets Wirken auf LB zu übertragen ist, bleibt fraglich: »Spätestens ab den 1920er Jahren beeinflusste Atget nachhaltig die damalige Kunstszene und wird nicht nur zum wichtigen Vorbild und zur Inspirationsquelle für FotografInnen seiner Zeit, sondern auch für nachfolgende Künstlergenerationen.« (httgaleriezander.com – Atget)

Am Parallelhafen, 2014. Foto: Laurenz Berges.

Am Parallelhafen, 2014. Foto: Laurenz Berges.

4100 Duisburg – so lautete die alte PLZ. Seit 1. Juli 1993 reichen die PLZ für Duisburg von 47051 bis 47228. Die Ausstellung heißt ‘4100 Duisburg. Das letzte Jahrhundert’. Die Berges-Bilder entstanden in den Jahren 2009-19. Der Blick geht aber auf die glorreichen 1960er Jahre und die tristeren Jahre danach zurück. So ganz verstehen muss man es nicht.

Alsum Rhein, 2017. Foto: Laurenz Berges.

Alsum Rhein, 2017. Foto: Laurenz Berges.

Für ‘Das letzte Jahrhundert’ verwendete LB eine Großbildkamera. Eine Kamera eher von gestern, die lange Belichtungszeiten erfordert. Daher gibt es kaum Spuren von echtem Leben: einen Hund und wenige Menschen. Einmal zeigt uns Berges Herrn Scholz (2017), wie er in einem Hinterhof in einem Gartenstuhl sitzt. Oder „Theo“ (2019), der aus dem Fenster blickt. Oder einen Obdachlosen im Immanuel Kant Park von 2012.

Als Plakatmotiv dient der denkmalgeschützte Matenatunnel, auch bekannt durch diverse Schimanski Kriminalfilme. Allein, die Straße führt ins Dunkel, es gibt kein Licht am Ende. Eine schlichte Metapher. Und nebenbei: für eine Ausstellung über Duisburg ist das Motiv des Tunnels nicht eben glücklich gewählt.

Matena, 2010. Foto: Laurenz Berges.

Matena, 2010. Foto: Laurenz Berges.

Christiane Hoffmann, Der Spiegel: „Man muss sich davor hüten, Berges’ Aufnahmen als Dokumentation zu betrach­ten. Jedes Bild ist viel­mehr kom­po­niert. Um dies zu errei­chen, arbei­tet er wie ein Forscher. … In Arbeiter– und Migrantenvierteln, Rotlichtmilieus und Industrieanlagen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ‘Wände zu fin­den, wo der ganze Dreck der Geschichte noch dran ist.

Berges arbei­tet genau und sorg­fäl­tig, er selbst würde das pro­sai­scher mit ‘ich bin nicht der Schnellste’ for­mu­lie­ren. … Und noch eine Regel hat der Fotograf auf­ge­stellt: Es gilt unter allen Umständen, Klischees zu ver­mei­den. … Die Welt ohne Vorurteile auf­zu­sau­gen, das hat er bei der New Yorker Fotografin Evelyn Hofer gelernt, deren Assistent Berges war. Bei Hofer hat er erkannt, dass es nicht dar­auf ankommt, wo und was man foto­gra­fiert, son­dern wie. Daraus resul­tierte das lange Suchen nach einem bild­wür­di­gen Motiv.“

Bahnstrasse 2014. Foto. Laurenz Berges.

Bahnstrasse 2014. Foto. Laurenz Berges.

LB ist Absolvent der Düsseldorfer Photoschule. 1992 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bernd Becher. 1996 Meisterschüler bei Prof. Bernd Becher. Spannend was as dieser Idee alles entstanden ist. Die B-Klasse befindet sich auf Tour. Am 21. März zeigt die Kunsthalle Düsseldorf SUBJEKT und OBJEKT. FOTO RHEIN RUHR. Ohne Berges, aber mit „Schüler*innen“ wie Andreas Gursky, Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth.

Zur Ausstellung erschien das Buch Laurenz Berges. 4100 Duisburg im Verlag der Buchhandlung Walther König, mit Texten von Heinz Liesbrock und Thomas Weski, 168 Seiten, 84 Abbildungen, 320 x 255 mm, Hardcover, Leinen.

Ebenfalls erscheint die Fotografie Rhein als Edition (35 x 42 cm), Auflage 12 + 3 a.p. Die Ausstellung wird gefördert durch die Peter Klöckner-Stiftung.

 

Laurenz Berges. 4100 Duisburg. Das letzte Jahrhundert

Joesf Albers Museum Quadrat Bottrop

noch  mit 3. Mai 2020

Text: Pressetext, Berges-Website, Katalog-Texte und Hartmut Bühler, Fotograf
Fotos: Laurenz Berges_Ausstellungsfotos: KNSY.de und Hartmut Bühler

 

 

Blick in den Ausstellungsraum.

 

Blick in den Ausstellungsraum.

Ausstellungen im März

$
0
0

Puh – einen solch’ umfangreichen Kalender hatten wir schon lange nicht mehr. Das ist alles kaum zu schaffen – aber ein oder zwei besonders interessante Ausstellungen sollte doch jede Fotografie-Enthusiastin und jeder Fotografie-Enthusiast schaffen, oder?

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

6.3. – 8.3.2020
” 255,736 µg“ Fotografien von Julia Unkel
Zeche Zollverein XII
Contemporary art ruhr
Gebäude A12, Halle 12
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
juliaunkel.com – pcb

6.3. – 16.5.2020
” Less and More“ Fotografien von Joachim Brohm
Beck & Eggeling
Bilker Str. 4-6
40213 Düsseldorf
beck-eggeling.de – less and more 2020

14.3. – 11.4.2020
” Letzte Tage“ Fotografien von Peter Buchwald
Atelier J.R.S
Ruhrstr. 11a
45879 Gelsenkirchen
atelier-jrs.de

noch bis 18.3.2020
” DF11/12: Dokumentarfotografie Förderpreise der Wüstenrot Stiftung“ Fotografien u.a. von Christian Kasners
Grunewaldstr. 6/7
10823 Berlin-
Schöneberg
hausamkleistpark.de – ausstellungen-hak

21.3. – 14.6.2020
” Subjekt und Objekt – Foto Rhein Ruhr“ Fotografien u.a. von Joachim Brohm, Susanne Brügger, André Gelpke, Stefanie Grebe, Fatih Kurceren und Knut Wolfgang Maron
Kunsthalle Düsseldorf
Grabbeplatz 4
40213 Düsseldorf
kunsthalle-duesseldorf.de – ausstellungen

noch bis 19.3.2020
„weiss“ – u.a. Fotografien von Britta Lauer und Walter Schernstein
Wilhelm Lehmbruck Museum Galerie Rheinhausen
Händelstr. 6
47226 Duisburg
duisburg.de/stadtbib

27.3. – 26.4.2020
„PixxelCult – Neuaufnahmen 2018“ – u.a. Fotografien von Joachim Schumacher
Pingusson Bau
Saarbrücken

noch bis 19.4.2020
„An Ort und Stelle. Fotografie des Gegenwärtigen“ – Fotografien u.a. von Wolfgang Zurborn
Kunstmuseum Reutlingen / Konkret
Eberhardstr. 14
72764 Reutlingen
reutlingen.de – Ausstellung

noch bis 7.5.2020
„Pina Bausch und ihr Tanztheater“ – Fotografien von Ursula Kaufmann
Goethe Institut Bordeaux
35 Cour de Verdun
33000 Bordeaux / France
goethe.de – Ausstellung

noch bis 9.5.2020
„Parallelwelten– Fotoarbeiten zur Kinderarmut in Deutschland“ Fotografien u.a. von Robert Freise, Yolanda vom Hagen, Harald Hoffmann, Stefan Kalscheid, Brigitte Kraemer, Frank Bruno Napierala, Achim Pohl, Andre Zelck
Wissenschaftspark Gelsenkirchen
Munscheidstr. 14
45886 Gelsenkirchen
wipage.de – Ausstellung

noch bis 17.5.2020
„Sichtweisen – Die neue Sammlung Fotografie“ Fotografien u.a. von Chargesheimer und André Gelpke
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
kunstpalast.de – Ausstellung

noch bis 7.6.2020
„Entspannt euch! Freizeit im Ruhrgebiet“ – Fotografien aus der Sammlung des Pixelprojekt_Ruhrgebiet von Brigitte Kraemer, David Klammer und Dirk Krüll
St. Antony-Hütte
Antoniestraße 32-34
46119 Oberhausen
industriemuseum.lvr.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

noch bis 15.3.2020
„Zuhause – Vonovia Award für Fotografie“
Fotografien von Aenne Biermann
Kunstmuseum Bochum
Kortumstr. 147
44787 Bochum
kunstmuseumbochum.de – Ausstellung

noch bis 22.3.2020
„Vertrautheit mit den Dingen“ Fotografien von Aenne Biermann
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Ausstellung

noch bis 26.4.2020
„SURVIVORS“ Fotografien von Martin Schoeller
UNESCO Welterbe Zollverein Mischanlage Kokerei, Areal C
Arendahls Wiese
45141 Essen
zollverein.de – Survivors

noch bis 3.5.2020
„4100 Duisburg – das letzte Jahrhundert“ – Fotografien von Laurenz Berges
Josef Albers Museum – Quadrat Bottrop
Im Stadtgarten 20
46236 Bottrop
bottrop.de – Ausstellung

noch bis 3.5.2020
„The Sixties and more“ Fotografien von Linda McCartney
Ludwig Galerie Schloss Oberhausen
Konrad Adenauer Allee 46
46049 Oberhausen
ludwiggalerie.de – Ausstellung

noch bis 1.6.2020
„The Story of S“ – Arbeiten von Tokyo Rumando
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Ausstellung Rumando

noch bis 23.6.2020
„Industries“ – Fotografien von Josej Koudelka
Schiffshebewerk Henrichenburg
Am Hebewerk 26
45731 Waltrop
lwl.org – Sonderausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

Noch bis 1.6.2020
„Untold Stories“ Fotografien von Peter Lindbergh
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
kunstpalast.de – Ausstellung

noch bis 8.3.2020
„The look of sound“ – Fotografien von Norman Seef
MAKK – Museum für angewandte Kunst Köln
An der Rechtschule
50667 Köln
museenkoeln.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

21.3. – 21.6.2020
„Fotografie plus Dynymit“ Arbeiten vo John Heartfield
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin
adk.de – Ausstellung

noch bis 5.4.2020
„Das illegale Bild“ Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur
f³ – freiraum für fotografie
Waldemarstr. 17
10179 Berlin
fhochdrei.org – Ausstellung

noch bis 3.5.2020
„An den Rändern der Seidenstrassen“ Fotografie von Eckhard Gollnow
VHS Photogalerie
Rotebühlplatz 23
70173 Stuttgart
vhs-stuttgart.de – Ausstellung

zusammengestellt von Peter Liedtke
aktuelle Terminhinweise bitte an fotodesign.liedtke@gmx.de

Expertenkommission empfiehlt Essen als Standort für nationales Fotoinstitut

$
0
0

Essen/Berlin (idr). Eine von Kulturstaatsministerin Monika Grütters eingesetzte Expertenkommission spricht sich für Essen als Standort für ein geplantes nationales Institut für Fotografie aus. Das gab die Bundesregierung heute (11. März 2020) bekannt.

Mit der Folkwang-Universität, dem Museum Folkwang, der Zeche Zollverein und dem Engagement der Krupp-Stiftung gebe es in der Stadt bereits “eine hervorragende Konzentration von Einrichtungen und vorhandener Sachkompetenz zum Schwerpunkt Fotografie”, so die Begründung.

Hauptaufgaben des neu zu gründenden Fotoinstituts sollen die Sicherung, Bewahrung und Aufarbeitung von Vor- und Nachlässen herausragender deutscher Fotografen werden.

Außerdem soll die Einrichtung zu Fragen der Restaurierung und Konservierung forschen. Vorgesehen ist, die Arbeitsergebnisse in Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen zu präsentieren.

Quelle: Informationsdienst Ruhr

Parallelwelten – eine Fotoausstellung in Gelsenkirchen stellt unbequeme Fragen

$
0
0

Jedes dritte Kind in NRW von Armut betroffen

Kinderarmut ist eine Schande, stellt eine Verletzung der Menschenwürde dar. Nicht nur in Deutschland, dem angeblich viertreichsten Land der Erde. Hierzulande leben viel zu viele Kinder in Armut, allein im Ruhrgebiet sind es laut UNICEF 35 Prozent. Tendenz steigend. Die Fotoausstellung “Parallelwelten” zur Kinderarmut in Deutschland im Wissenschaftspark Gelsenkirchen stellt unbequeme Fragen und zeigt 129 Bilder zum Thema.

Warum soll ich von Düsseldorf ins wirtschaftlich gebeutelte Gelsenkirchen fahren und mir dort eine alles andere als glamouröse Fotoausstellung über Kinderarmut ansehen? In der Landeshauptstadt sehe ich derzeit Hochglanzbilder von Kameraheroen wie Peter Lindbergh und Martin Schoeller. In Gelsenkirchen dagegen gibt es keine sexy Star-Fotograf*Innen und das Sujet ist keinesfalls stimmungsfördernd.

Also, warum in die Ruhrgebietsgroßstadt fahren? Weil dort eine Fotoausstellung gezeigt wird, die auch in Düsseldorf sehr ernst genommen werden sollte. Denn Kinderarmut gibt es auch in Kö-City.

aus der Serie von Yolanda vom Hagen

Dies dokumentiert die 1982 in Düsseldorf geborene Yolanda vom Hagen eindrucksvoll. Die heute in Shanghai erfolgreiche Fotografin erlebte in Düsseldorf-Flingern eine dramatische Kindheit inmitten wirtschaftlicher Not und seelischer Einsam- wie Grausamkeit. In einer ergreifenden Selbsttherapie – eine fotografische Szenenfolge mit handschriftlichen Erinnerungen – verarbeitet sie ihre Kindheitstraumata.

aus der Serie von Sümeyye Esen und anderen

aus der Serie von Sümeyye Esen und anderen

Kinderarmut fotografiert mit und durch Kinderaugen: damit warten Sümeyye Esen, Janne Fresia und Marlene Schmitt auf. Die Schülerinnen der Klasse 7b des Hölderlin Gymnasiums Köln erstellten eine ‘Digitale Visualisierung von persönlichen Stellungnahmen’ zur Kinderarmut, frei von Klischees. – Sehriban Gezer, Firuze Gezgin, Elise Han, Meryem Temel und Lina Walter, Schülerinnen der Klasse 9b vom gleichen Gymnasium zeigen Portraits, in denen sie durch Mimik und Gesten Stellung zur Kinderarmut beziehen. Beide Serien beziehen sich auf Arbeiten und Bildmontagen der Fotojournalistin Alice Martins.

Aus der Serie "Arche" von Roland Wilbert.

Aus der Serie “Arche” von Roland Wilbert.

Kinderportraits hat Roland Willaert (*1950 in NL-Kirkrade) in der Arche in Berlin fotografiert. Die sechs Augenpaare in schwarzweiß scheinen den Betrachter fast hypnotisieren zu wollen, Armut ist nicht direkt auf ihre ‘Stirn geschrieben’. Das Wissen darum erstellt sich erst im Kontext des Aufnahmeortes. Willaert: „Der Staat rechnet damit, dass ein Teil seiner Verantwortung übernommen wird von Organisationen wie Die Arche und Die Tafel, die nur von Spenden leben. Eine Schande für das reiche Deutschland.“

Fest steht: „Keines der von Armut betroffenen Kinder ist für dieses Schicksal selbst verantwortlich und ein jedes hat ein besseres Leben verdient. Fotografie hat nicht die Möglichkeit, Zahlen zu belegen, kann aber dafür sorgen, dass man ein Gefühl dafür bekommt, was dieses Schicksal für jedes einzelne Kind bedeuten kann. Fotografie kann emotionalisieren, zum Denken anregen, den Diskurs befeuern und im besten Fall zum Handeln animieren“, sagt Peter Liedtke, Pixelprojekt-Leiter und Initiator der Ausstellung.

Insgesamt sind es 15 Fotograf*Innen und die o. g. Schüler*Innen, die sich mit unterschiedlichen journalistischen und/oder dokumentarischen Ansätzen den „Parallelwelten“ genähert haben. Und ‘Armut’ läßt sich in den Fotos nicht immer zwingend erkennen.

Aus der Serie von Jürgen Nobel.

Aus der Serie von Jürgen Nobel.

In Jürgen Nobels Kinderportraits schon gar nicht. Er hat Kinder fotografiert in einer Schule in Bochum-Wattenscheid, mit denen er ihre Berufswünsche inszeniert hat. Diese Serie zeigt nur die Berufswünsche. Aber dadurch, dass sie in den Kontext der Ausstellung mit Arbeiten zur Kinderarmut gestellt wird, wird bewusst: Das sind Kinder im Ruhrgebiet, wo mehr als 35 Prozent aller Kinder von Armut betroffen sind. Jedes dritte also. Eigentlich hätten sie alle die gleiche Zukunft, und dennoch haben sie häufig eben nicht die gleiche Zukunft.

Aus der Serie "Vom plötzlichen Erwachsenenwerden" von Tamara Eckhardt.

Aus der Serie “Vom plötzlichen Erwachsenenwerden” von Tamara Eckhardt.

Zur Serie von Tamara Eckhard mit dem Ausstellungsplakatmotiv Mutter, Baby und Katze. Die Serie Vom plötzlichen Erwachsenwerden entstand 2018 in Berlins Randbezirk Marzahn-Hellersdorf. Mit Müttern von 16 bis 21 Jahren. Eckhards ästhetische Fotos werden ergänzt durch Briefe der Heranwachsenden mit ihren Wünschen und Hoffnungen sowie Detailfotos von schadhaften Zimmern und Interieurdetails. Und tristen Ausblicken aus riesigen Wohnblocks. Übrigens, das Plakatmotiv zur Ausstellung verbindet der Betrachter auch nicht auf den ersten Blick mit Armut.

Aus der Serie "Kinderarmut in Mülheim" von Harald Hoffmann.

Aus der Serie “Kinderarmut in Mülheim” von Harald Hoffmann.

Harald Hoffmann (*1957 in Essen) fotografierte in Mülheim an der Ruhr, das einmal die reichste Stadt im Ruhrgebiet war. Heute ist dort jedes dritte Kind arm, ein trauriger Rekord deutschlandweit. Hoffmann, der sich vor allem mit Klassikmusiker*Innenportraits einen Namen machte, erstellte seine Serie Kinderwelten im Auftrag des Diakonischen Werks. Zwei Fotos stechen besonders aus den bedrückenden Bildern heraus: das mit einem trotzig-selbstbewußten Jungen und eines, das Kinderkleidung zum Preis von zwei bzw. drei Euro zeigt.

Schockierend die Frage von Sascha aus der Serie Verein Kindernöte in Chorweiler, der erstmals mit Sozialbetreuern und mit der S-Bahn an den Rhein fuhr: „Ist das das Meer?“ Manche der Kinder, die Selina Pfrüner (*1982 in Freiburg) im nördlichsten Kölner Stadtbezirk fotografierte, hatten noch nie den elf Kilometer Luftlinie entfernten Kölner Dom aus der Nähe gesehen.

Aus der Serie "Köln Chorweiler" von Selina Pfrüner.

Aus der Serie “Köln Chorweiler” von Selina Pfrüner.

Formal bemerkenswert sind die Fotos von Frank B. Napierala (*1952 in Duisburg), der 1972 einen von der AWO Duisburg betreuten sozialen Brennpunkt in Duisburgs Norden, im ‘Gleisdreieck’, mit seiner ‘Würfelkamera’ dokumentierte. Der damals 20jährige Fotograf war inspiriert vom US-amerikanischen Fotoprojekt Farm Security Administration (1935-44), das man den ausdrucksstarken Bildern anmerkt.

Ungewöhnlich auch Guntram Walters (*1963 in Hagen) Serie o. T., die ohne Anwesenheit realer Akteure schaudern läßt. Spannend Uli Webers (*1960 in Rheydt) Szenen von tristen inoffiziellen Kinderspielplätzen in Duisburg-Bruckhausen.

Diese Zeilen beinhalten keine Wertungen der stärksten Bildautor*Innen zum Thema Kinderarmut Entscheidend ist nur, dass die Fotos ein politisches Klima erzeugen, „das eine Hinwendung zur Sicherung von Lebensperspektiven für alle Kinder fördert“.

Interview mit Kurator Peter Liedtke von Judith Heitkamp:
Bayrischer Rundfunkt – Interview

“Parallelwelten. Kinderarmut – Was hinter Statistiken verborgen bleibt”

bis zum 9. Mai 2020
Wissenschaftspark Gelsenkirchen
www.wipage.de

Text: Hartmut Bühler, Fotograf

Virtuelles

$
0
0

Im Streifzug der Woche: Neue und erweiterte Online-Angebote

Reliquien werden abgestaubt, es gab das erste außerplanmäßige Urbi et Orbi überhaupt, statt der Frage, wie man Museumsbesuche ohne Rückenschmerzen übersteht, interessiert schlagartig jeden, wie man online an Stoff kommt und ihn verbreitet, Webcams sind ausverkauft, das ZKM postuliert bereits das Ende des Zeitalters der Nähe, und sogar Portfolio-Reviews sind plötzlich kostenlos – kurz, seit dem letzten Streifzug sieht die Welt sehr anders aus. Da Überwinterung noch keine Option ist, müssen wir da durch, und mit Brüchen, Verschiebungen, Lücken und Kontinuitäten kennt man sich im Ruhrgebiet ja aus.

Die flächendeckenden Veranstaltungsabsagen, Museumsschließungen und Lehrbetriebseinstellungen versuchen viele Einrichtungen mit erweiterten Online-Angeboten zu beantworten: JSTOR bietet jetzt 100 statt sechs Artikel pro Monat kostenfrei an. Die University of California Press hat ihre Fachzeitschriften bis vorerst Juni frei zugänglich gemacht. Interessant sind hier besonders Afterimage und Representation. Vielleicht kommt ja sogar das Thema Open Access noch mal auf den Tisch. Das Schauspiel Dortmund lädt täglich eine Inszenierung als Video hoch. Alle Ausstellungen der eigentlich zur Zeit stattfindenden Mannheimer Biennale für aktuelle Fotografie wurden in Windeseile digitalisiert und können virtuell besichtigt werden. Es gibt beschreibende Texte, Bildinformationen und ergänzende Tonspuren. Auch tatsächliche Besuche der Ausstellungen ließen sich damit gut vor- oder nachbereiten. Virtuell bewegen kann man sich auch in der Ausstellung Das Zeitalter der Kohle auf Zollverein, aber es bleibt bei Raumansichten. Anklicken lassen sich die Exponate und Texttafeln nicht.

Zur Zeit das Mittel der Wahl: Virtuelle Ausstellungsrundgänge

Noch nicht von Absagen spricht die Ruhrtriennale. Die Ruhrgebiets-Fotoserie Pithead im frisch erschienenen Programmbuch 2020 stammt von Pixelprojekt-Fotograf Fatih Kurceren, der schon von Tobias Zielony für das SCHAU-Festival vorgeschlagen worden war. In der Online-Version des Programmbuchs sind die Fotos drin, in der PDF-Version leider nicht. Gedruckte Exemplare können angefordert werden.

aus Jörg Keweloh/LWL: Abriß

Der LWL bietet seine Filme zum kostenlosen Download an. Drei Empfehlungen: 300 Tonnen Maßarbeit, ein Rheinstahl-Werbefilm von 1965, Abriß aus dem Jahr 1992 zur permanenten Ruhrgebiets-Erfahrung von Rückbau und Verschwinden am Beispiel der ungeliebten Gattung der Turmförderanlagen, und von 2019 Die Kamera im Arbeitskampf zu Streiks in Hattingen in den 1980ern. Während der Rheinstahl-Film ein durch und durch professionell produziertes Marketinginstrument war, der die besonderen Fähigkeiten der Henrichshütte anhand der Herstellung eines Druckbehälters zeigt, sieht der trockene Abriß-Film nicht ohne Grund nach Medienwerkstatt aus. Genau deren Rolle wird im Arbeitskampf-Film ausführlich beleuchtet. Exzellent ergänzen würde diese Reihe Marco Kugels Film Flüsse Täler Berge, der 2018 in der Situation Kunst in Bochum zu sehen war. Leider ist er bisher weder online noch als DVD verfügbar.

Und sonst?

Webcams in Italien. Das sind Live-Videos, keine Standbilder. // Die Nachbarn, jeden Nachmittag um Fünf. // Graziano Panfili: Postcards from Italian webcams. // Und jetzt oder nie: 11 Photographers on How To Finish a Body of Work.

 
Text: Haiko Hebig
Titelbild: Jörg Keweloh/LWL

Mehr Virtuelles

$
0
0

Im Streifzug vom 17. April 2020: mehr zur Frage virtueller Ausstellungsbesuche, Meldungen, Aktualisierungen und eine Programmvorschau.

 
Meldungen

Das geplante Bundesinstitut für Fotografie war schon mehrfach Gegenstand von Streifzug-Meldungen – vor allem die Blitzmanöver, die in eine Finanzierungszusage des Landes NRW für den Standort Düsseldorf mündeten. Bekanntlich hat sich anschließend die Weski-Kommission wegen der Konzentration von Folkwang-Uni, Folkwang-Museum, Zollverein und Krupp-Stiftung für den Standort Essen ausgesprochen. Das von der Kommission erarbeitete Konzept liegt hier als PDF vor.

Stichwort Folkwang: Fotografie und Handlungsmacht ist das Thema des nächsten Folkwang-Symposium für Fotografie, das am 16. und 17. Oktober stattfinden soll. “Welche ideologischen Strukturen manifestieren sich bereits im Entstehen einer Fotografie? Welche Formen fotografischer Selbstermächtigung existieren” und – vielleicht gibt es bis dahin dazu ja schon etwas im Lichte von Corona zu sagen, – “Welche Rolle(n) nimmt die Fotografie innerhalb zeitgenössischer und historischer, politischer und sozialer Protestbewegungen und Ausnahmesituationen ein?” Papers können bis zum 15. Mai eingereicht werden. Hier die Ausschreibung als PDF.

Bis zum 30. April können Arbeiten für den Online-Portfoliowalk der DFA eingereicht werden. Fünf Portfolios werden anschließend auf der DFA-Website gezeigt. Vor allem aber gelten alle Einreichungen auch als Bewerbungen für den nächsten physischen Portoliowalk.

Nochmal Ruhr: Kulturelle Potenziale von Technologie, also Digitalisierung, war das Thema der 8. Kulturkonferenz Ruhr. Die Dokumentation ist jetzt als PDF verfügbar.

 
Mehr Virtuelles

Die im letzten Streifzug erwähnten virtualisierten Ausstellungen der Biennale für aktuelle Fotografie werden bis zum 24. April durch virtuelle Führungen ergänzt. In Praxis sieht das so aus:

Ziemlich meta: Im Browser ein Browser mit der virtuellen Ausstellung als Videostream, die Künstler  sind zugeschaltet

Hier zeigen sich bereits Stärken und Schwächen des Formats. Der räumlich verteilte Dialog mit Künstlern, Fotografen, Ausstellungsmachern usw. ist aus meiner Sicht ein klarer Pluspunkt. Verstärkt werden könnte die Wirkung durch Einspielen hochauflösender Versionen der besprochenen Werke in den Stream – mit Software wie OBS ist das leicht möglich – und erst recht, wenn sich per Verlinkung auf eine bereits bestehende Sammlungsdigitalisierung gestützt werden kann. In einen Dialog mit den Werken selbst lässt sich so allerdings kaum treten. Ihre ästhetische Wirkung erschließt sich meist ebenso wenig wie die des umgebenden Raumes.

Je nach Art des Motivs sind aber Formen der digitalen Inszenierung denkbar, die intensivere Erfahrung und höheren Erkenntnisgewinn als die bloße digitale Abbildung ermöglichen. Insbesondere das Erlebnis, in präzise aufgenommenen großformatigen Tafelbildern durch näher Herantreten immer neue Teilbilder und in diesen immer neue Details erschließen zu können, lässt sich mit hochauflösenden Digitalisierungen replizieren. Das, was Wolfgang Ullrich in seinem Deutschlandfunk-Interview (MP3-Datei) das “auratische Erlebnis des immer näher Ranzoomens”, funktioniert bei den Alten Meistern der Malerei digital-intim vielleicht sogar noch besser als bei tatsächlicher Besichtigung, da im sozialen Ort Museum an sie meist weder ausreichend nah noch ausreichend lange herangetreten werden kann. In der Fotografie halte ich die Wirkung für begrenzter.

Bleibt die Frage der räumlichen Erfahrung. In welche Relationen die Arbeiten untereinander, zum Raum und zum Betrachter gestellt werden, macht eine Ausstellung ja gerade aus. Wie gut sich diese Bezüge in den gängigen 360-Grad-Raumansichten erfassen lassen, kommt stark auf die Art des Raums und der gezeigten Werke an, meiner bisherigen Erfahrung nach aber: manchmal sehr gut, manchmal gar nicht, und meistens schon alleine wegen des spieleartigen Springens zwischen den Ansichten nicht besonders. Videofahrten, die Raumeindrücke verschaffen, Zusammenhänge verdeutlichen oder einzelne Werke herausstellen, könnten eine Lösung sein, so wie diese des Van-Gogh-Museums mit einer Kameraführung, die dem Blick des Besuchers ähnelt.

 
“Nicht länger nichts”

Arbeiterinnen in einer Tuchfabrik in der italienischen Stadt Terni
Bild: ARTE France/© Les Films d’Ici

Florenz: 2813 Bewerberinnen auf 12 Kindergarten-Stellen
Bild: © Michele Borzoni

Programmvorschau: Gespannt bin ich auf Le temps des ouvriers oder Die Geschichte der Arbeiterbewegung in Europa, die Arte ab dem 21. April in den vier Teilen Fabrik, Barrikade, Fließband und Auflösung zeigt. Das ist natürlich nicht erst seit dem Ende des kollektiven Bewusstseins der Arbeiterschaft ein ebenso weites wie von Nostalgie und Mythen verklärtes Feld. Im Interview (französisch) verspricht Regisseur Stan Neumann jedenfalls, der historischen Erkundung die gegenwärtige Lage gegenüberzustellen.

Ich mache das hier schon mittels Verweis auf das Buch und die Serie Workforce von Michele Borzoni, in der er die heutige Arbeitswelt Italiens in sieben Kapitel wie Call-Center, Aufnahmeprüfungen, Streikposten und Tagelöhner aufschlüsselt. Gezeigt wurde diese Arbeit 2017 auf der Foto/Industria in Bologna und letztes Jahr auf dem Noorderlicht-Festival.

 
Und sonst?

Bilder: © John Humble

Und in der Rubrik Und sonst? wieder etwas für Freunde gepflegter Großformatfotografie: John Humbles Serien Los Angeles Landscape 1979-1990 und Los Angeles Landscape 1991-2011. Das zugehörige Buch Manifest Destiny ist 2016 bei Nazraeli Press erschienen, allerdings deftig bepreist.

 
Text: Haiko Hebig


Streifzug 17 vom 7. Mai 2020

$
0
0

Verfüllt, idled indefinitely, arrêt définitif: Endgültiges in Bottrop, Dearborn und Florange im Streifzug der Woche vom 7. Mai 2020

 
Prosper dicht

Seit heute, 7. Mai 2020, ist der Förderberg auf dem Bottroper Bergwerk Prosper verfüllt. Damit ist das Kernstück des Pütts, auf dem der deutsche Steinkohlenbergau endete, dicht.

Bild: Jürgen Jakubeit

Statt wie sonst in einzelnen Behältern wurde die Kohle kontinuierlich über ein Förderband zu Tage gefördert, zentral für das gesamte Bergwerk, bis zu 2.000 Tonnen pro Stunde. Vorstellen kann man sich den Förderberg als 3,7 Kilometer lange Rampe, die mit konstanter Neigung in 768 Meter Tiefe führte. Er ersetzte die Turmförderanlage über Schacht 8, von dem der im Streifzug 15 vorgestellte Film handelt. Hier ein Film vom Bau der Anlage:

Frisch abgeschlossen ist auch die Verfüllung der zugehörigen Schächte 9 (1958 in Betrieb gegangen, 1.013,1 m tief) und 10 (1977, 1.316,5 m) in Kirchhellen. Ende des Jahres kommen abschließend die Schächte Franz-Haniel an der Papsthalde an die Reihe. Der 2006 vom Bergwerk Lohberg übernommene Schacht Hünxe 4 (1983, 1.364 m) bleibt zur Wasserhaltung offen.

Der 7. Mai 2020 ist als Datum also ähnlich signifikant wie der 15. August 2018. An diesem Tag endete die Kohleproduktion. Offiziell geschah das allerdings erst am 21. Dezember 2018, als Reviersteiger Jürgen Jakubeit, von dem auch das Foto von heute stammt, Bundespräsident Steinmeier das letzte Stück Kohle übergab. Die Lücke zwischen solchen Daten wäre auch ein interessantes Thema für fotografische Arbeiten.

Bild: RAG/Ina Fassbender

Wie gemacht für alle drei Daten und sowieso für unsere Gegenwart, in der alle viel von Solidarität reden: Rote Erde, Klaus Emmerichs Bergarbeitersaga und großer Bogen von der Kaiser- zur Nachkriegszeit an der Ruhr. Hier der erste Teil:

 

The Rouge zu

Idled indefinitely” ist die sonnige Umschreibung von Werksschließungen, die nicht direkt so heißen sollen, de-facto-Stilllegung ohne formelle Stilllegung und bewährte Praxis in der Stahlindstrie. Seit gestern auf der in letzter Zeit drastisch länger werdenden Liste: Teile von AK Dearborn, also The River Rouge Complex, Fords legendärer Autofabrik in Dearborn. Das darin enthaltene Hüttenwerk wurde 1989 von Ford abgespalten, vor wenigen Jahren für 1,2 Milliarden Dollar überholt und erst im März für 1,1 Milliarden vom Erzproduzenten Cleveland-Cliffs gekauft. Die Stahlerzeugung ist bereits seit Ende des gleichen Monats “idled”, das Walzwerk jetzt “indefinitely”.

Vor allem aber nahm Charles Sheeler in The Rouge 1927 eines der berühmtesten Fotos des Maschinenzeitalters auf…

Criss-Crossed Conveyors
Vanity Fair 1928

…Walker Evans 1947 seine Hommage daran…

Bild: Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of Art

…und Michael Kenna 1994 seine:

The Rouge, Study 52, Dearborn, Michigan, 1994
Bild: Michael Kenna

Sheelers Foto kann man sich bei Google Arts & Culture im Detail anschauen. Die 1995 als The Rouge erschienene erste Ausgabe von Kennas  Rouge Study fällt unter Sammlerstück. Nur Rouge heißt eine 2016 bei Prestel  erschienene “revised and expanded edition”, leider mit einem Cover, das den elegischen wie sublimen 6×6-Aufnahmen nur bedingt gerecht wird.

Bilder: Detroit Institute of Arts

In dieser Liste nicht fehlen dürfen natürlich Diego Riveras Detroit Industry Murals. Seine während der großen Depression entstandenen Fresken zeigen eine Utopie und die präzise Verdichtung der Arbeitsabläufe in River Rouge gleichzeitig: “eine große Saga moderner Produktion” (Klaus Türk, PDF).

 
Und nicht “indefinite idling”, sondern ganz Klartext “arrêt définitif” hieß es ebenfalls gestern im lothringischen Florange. Dort wurde die verbliebene Kokerei stillgelegt. Was das bedeutet, ist Thema des nächsten Streifzugs.

 

Text: Haiko Hebig
Titelbild: Jürgen Jakubeit

Die atemberaubende Retrospektive von Aenne Biermann im Folkwang Museum in Essen

$
0
0

Eine fotografische ‘Vertrautheit mit den Dingen’

Geboren in Goch. In Gera zur ‘genialen Künstlerin’ gereift (so Geraer Zeitung am 10. November 1930). Die fotografische Leistungsschau von Aenne Biermann (* 03. März 1898 in Goch † 14. Januar 1933 in Gera) im Museum Folkwang in Essen ist atemberaubend.

Mein Appell an die Fotofans lautet: Fahrt nach Essen und staunt über Biermanns virtuose ‘Vertrautheit mit den Dingen’: Pflanzenstudien, Straßenszenen, geologische Aufnahmen, Alltagssituationen, Akte und Portraits. Das ‘Neue Sehen’, die ‘Betrachtung’ der unmittelbaren Umwelt und die damit verbundene Subjektivität bilden den Kern von Biermanns Schaffen.

Aenne Biermann: Portrait mit Boulevard de la Grande-Armée (1931)

Aenne Biermann: Portrait mit Boulevard de la Grande-Armée (1931)

Ich wage gar nicht alle meine Lieblingsbilder zu nennen und beschränke mich daher auf wenige Motive: Selbstporträts mit Metallkugel (1930/31), Portrait mit Boulevard de la Grande-Armée’ (1931), Selbstportrait – Collage (ca. 1930), Tochter (1930), Old (1930), Da unten geht etwas vor (1929), Helga – Betrachtung (um 1930) – es handelt sich auch um das Plakatmotiv zur Essener Ausstellung, Schlafende im Sande (1929), Spiegelei-en: ein lächelnder Mann mit glänzendem Gesicht (1929/30) in Kombination mit einem gebratenen Spiegelei (vor Juli 2929), Dame mit Monokel (1928), Tänzerin Hilde Engel (1929) und Portraits von Anneliese Schießer (1931).

Aenne Biermann, Kaktus, 1928–29

Innerhalb von nur sieben Jahren schaffte es die musikalische Tochter eines Leder- und Schuhfabrikanten aus Goch zur Avantgardefotografin in Gera. In knapp 34 Lebensjahren hat sie Außerordentliches bewirkt. In einem Alter, in dem wohl die meisten Menschen noch stark mit der eigenen Entwicklung beschäftigt sind, hat sie sich an der Spitze der Fotokunst etabliert.

1930 fand in Jena die erste größere Ausstellung mit Biermann-Werken statt. Wie Lucia Moholy, Florence Henri und Germaine Krull war sie auch auf internationalen Fotoausstellungen der frühen 1930er Jahre vertreten. Die Entwicklung der Fotografie zur eigenständigen Kunstform zwischen den beiden Weltkriegen ist sicher auch ihr Verdienst. Noch zu ihren Lebzeiten wurde sie in ‘einem Atemzug’ genannt mit Lázló Moholy-Nagy.

Aenne Biermann, Kinderhaende 1928

Aenne Biermann, Kinderhaende 1928

Anna Sibilla Biermann, geborene Sternefeld, starb wenige Tage vor der Machtergreifung an einer schweren Krankheit. Die nationalsozialistische Verfolgung und Enteignung ihrer Angehörigen erlebte sie nicht mehr. Ihr Mann Max Biermann, Textilkaufhausbesitzer in Gera und die gemeinsamen Kinder Helga und Gerd konnten zum Glück noch nach Palästina emigrieren. Ihr etwa 5.000 Fotografien umfassendes Archiv wurde in Triest beschlagnahmt, nach Deutschland zurückgeschickt und gilt seit dieser Zeit größtenteils als verschollen.

Das Geraer Museum für Angewandte Kunst, das Aenne Biermann einen eigenen Raum seiner Dauerausstellung widmet, vergibt seit 1992 alle zwei Jahre den Aenne Biermann-Preis für deutsche Gegenwartsfotografie. Im Dezember 2009 wurde der Geraer Volkshochschule der Name “Aenne Biermann” verliehen. Seit 2008 trägt auch ein Fahrzeug der Geraer Straßenbahn ihren Namen. Meiner Ansicht wäre noch mehr Wertschätzung erwünscht.

Aenne Biermann, Selbstporträt, 1930–1931

Aenne Biermann, Selbstporträt, 1930–1931

Wenn stimmt, was die FAZ online vom 26. September 2019 schrieb: … Biermann gilt als bedeutendste deutsche Avantgarde-Fotografin der 1920er Jahre. … Paradox wirkt, dass ihre Heimatstadt sich einerseits der Bedeutung Biermanns durchaus bewusst scheint, selbst aber kein Interesse am Erwerb der Biermann-Villa und einer angemessenen Nutzung zeigt. … Ein Ausstellungshaus für die bereits erworbenen Meisterfotografien der berühmten Tochter der Stadt stünde Gera neben seinem vielbeachteten Otto-Dix-Haus gut zu Gesicht.

Übrigens: gäbe es heutzutage eine jüdische Fotografin im thüringischen Gera, sie hätte es nicht leicht. Von 42 Sitzen im Stadtrat hat die AfD 12 inne. Sie ist mit 28,8 Prozent stärkste Fraktion.

Aenne Biermann, Betrachtung 1930

Aenne Biermann, Betrachtung 1930

1987 richtete das Museum Folkwang in Essen eine umfassende monografische Ausstellung mit Werken Biermanns aus, die zur Wiederentdeckung der Fotografin führte.

Lese- und Sehtips: die Monografie “Aenne Biermann Fotografin”, herausgegeben von Simone Förster und Thomas Seelig, Verlag Scheidegger & Spiess. Und/oder der erweiterte Neudruck der Publikation ‘Der literarische Foto-Streit’ Aenne Biermann von Franz Roh inkl. 60 Fotos. Dieser Reprint eines Büchleins vom Oktober 1930 präsentierte eine Autorin, die mit jedem einzelnen Bild als ‘Werk’ überzeugen wollte und – konnte.

Die aktuelle Ausstellung ist eine Kooperation mit den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne, München. Das Museum Folkwang zeigt 130 Fotografien sowie Briefe und historische Publikationen in Schaukästen.

Noch bis zum 1. Juni 2020
museum-folkwang.de

Text: Hartmut Bühler, Fotograf; Düsseldorf

Ruhrgebietschronist Theaterdokumentarist Warenhausfotograf – Werkschau Rudolf Holtappel 1950 bis 2013

$
0
0

In Oberhausen hat Die Zukunft schon begonnen.

Aller guten Dinge sind drei. „Grau – nur dreimal im Jahr eine klare Sicht“, so beschrieb Rudolf Hermann Holtappel (* 03.01.1923 Münster † 21.11.2013 in Duisburg) das Ruhrgebiet. Und es werden wenigstens drei ‘Schubladen’ benötigt, um das umfassende Werk des ausgebildeten Fotografen (Meisterbrief erlangt am 24.02.1950 vor der Handwerkskammer in Düsseldorf) grob zu sortieren.

Rudolf Holtappel, Oberhausen vor Zeche Sterkrade, 1960 © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

Rudolf Holtappel, Oberhausen vor Zeche Sterkrade, 1960 © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

‘Ruhrgebietschronist Theaterdokumentarist Warenhausfotograf – eine fotografische Werkschau von 1950 bis 2013’. So untertitelt denn auch die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ihre aktuelle Ausstellung über RUDOLF HOLTAPPEL – Die Zukunft hat schon begonnen. Das gewählte Motto ist verbunden mit Augenzwinkern und mehrdeutig. Ausgangspunkt der auf drei Ebenen gezeigten Werkschau in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ist ein Foto von 1966/67, das RH Die Zukunft hat schon begonnen benennt.

‘Während einer Auslieferung von Waren für Karstadt begegnen Holtappel auf einem Bauernhof gerupfte Gänse auf der Leine. In der Bildmitte stolziert ein Huhn vorbei. Der Titel Die Zukunft hat schon begonnen ist wegen seiner Offenheit auch zum Titel der Ausstellung geworden. Was sich hier auf das Schicksal des Huhnes bezieht, kann Gedanken über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft anregen. Wie schnell sich die Zukunft verändern kann, zeigt auch die jetzige Situation, in der wir uns befinden. Es zeigt sich Holtappels humorvolle Titelgabe’ (so Bildtext zum Abzug vom Negativ, Lambda-Print). Und offenbart Selbstbewusstsein. RH: „Ich fotografiere nicht für die Wand, ich mache Aufmacherbilder.“

Rudolf Holtappel, Megaperlfabrik, Henkel, 2000 © Konzernarchiv Henkel AG & Co. KGaA

Rudolf Holtappel, Megaperlfabrik, Henkel, 2000 © Konzernarchiv Henkel AG & Co. KGaA

Holtappel verstand es auch, weiße wie ‘schmutzige Wäsche’ zu fotografieren. Frisch gewaschenes vor qualmenden Schloten und Industrieanlagen, möglichst mit Persil behandelt – siehe auch Holtappels Einsätze für den Henkel-Konzern in Düsseldorf – oder die zur regionalen Klatschikone gewordene Straßenszene in der Marktstraße in Oberhausen von 1971. Diese zeigt ein Paar von hinten. Sie in Hotpants, er trägt schütteres Haar. Beäugt werden die Zwei wiederum von einem Paar, sie mit Kopftuch, das direkt auf den Fotografen zuläuft.

Rudolf Holtappel, Marktstraße, Oberhausen, 1971 © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

Rudolf Holtappel, Marktstraße, Oberhausen, 1971 © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

Laut Kuratorin Miriam Hüning habe ‘halb Oberhausen’ das auffällige Paar gekannt und Holtappel große Mühe verwenden müssen, das Foto zu veröffentlichen. Hauptgrund: die Angst der Hotpants-Lady vor einer zornigen Großmutter. Aber RH war kein Paparazzo, vielmehr sind, so Hüning, die meisten scheinbaren Schnappschüsse durchaus geplant gewesen.

Begeisternd ein anderes Foto aus der Marktstraße von 1960. Es zeigt ein unscharfes, aber dennoch den Betrachter hypnotisierendes Gesicht am rechten unteren Bildrand. Selbstredend entwickelte RH seine Fotos eigenhändig im hauseigenen Labor, wo er auch die Abzüge erstellt hat.

 

Rudolf Holtappel, Essener Straße mit HOAG, Oberhausen, 1960 © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

Rudolf Holtappel, Essener Straße mit HOAG, Oberhausen, 1960 © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

Obwohl wir beim Betrachten der Holtappel-Fotos in die Vergangenheit sehen, dürfen wir auch mal in die post Corona Zukunft blicken und uns vorstellen, welch spannenden Fotos RH heute in der Marktstraße in Oberhausen vor wieder geöffneten Friseurgeschäften oder Kaufhäusern gemacht hätte.

Perfekt passend zur heutigen Situation das Foto ‘Zukunftschancen?’ Aufgenommen 1977 in Paris, zeigt es eine Wahrsagerin, die aus der Hand ‘liest’. Mit diesem Motiv gewann RH 1978 den Preis Work and leisure. Das Foto wurde in eine Ausstellung der Vereinten Nationen in New York aufgenommen und auch auf der Photokina in Köln gezeigt.

Holtappel beherrschte die Klaviatur fast aller fotografischen Themen. Das beinhaltet Bilder von Hochöfen, Hinterhöfen, Arbeit unter Tage, Trinkhallen, Streikenden, Schrebergärten, Spaziergängern, Skatspielern, Tauben züchten, Einkaufsszenen, Kindern: ganz allgemein vom absurd-grotesken Theater des Lebens bis zu den dramatisch inszenierten Dramen auf den Bühnen des klassischen Theaters.

Rudolf Holtappel, Emil und die Detektive, Szenenfoto mit Herrn Grundeis, 1966 © Rudolf Holtappel, Stadtarchiv Oberhausen.

Fürs Theater Oberhausen in der Ära Klaus Weise und der Ära Günther Büch erstellte er die Fotos fürs Schaufenster und die Programme. Berückend sind die Portraits von Schauspielregisseur Günther Büch aus den 1960er Jahren. Übrigens: 1992 hat Klaus Weise, damals Anfang 40, den fast 70jährigen Holtappel gebeten, erneut fürs Theater Oberhausen zur Kamera zu greifen. Ja, so ‘geht’ Wertschätzung.

Das wohl schönste Lob über den von Empathie und Menschlichkeit geprägten Wahl-Oberhausener stammt von Volker Krug, damals verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Firma Henkel: “Der Mensch als Mittelpunkt des Geschehens, als Motor aller Prozesse und Projekte, als Individuum und charaktervolle Persönlichkeit, das war stets die Triebfeder für Holtappels fotografisches Suchen.“

 

Rudolf Holtappel, Die Möwe, 1994 © Rudolf Holtappel, Stadtarchiv Oberhausen.

Rudolf Holtappel, Die Möwe, 1994 © Rudolf Holtappel, Stadtarchiv Oberhausen.

Doch Holtappel fotografierte nicht nur im Pott den Pott. Er besuchte u. a. Paris, London und New York. Auch da gelingen ihm Bilder, die seine Könnerschaft bestätigen. Exemplarisch das Portrait eines elegant gekleideten Herrn mit Sonnenbrille auf einer Bank, der sich wie ein Pfau präsentiert; 5thAvenue in New York (1980). Dennoch stellt er ihn nicht ‘bloß’, relativiert seine Eitelkeit durch Passantinnen rechts und einer ‘angeschnittenen’ Person links.

Bei allem was er aufnahm: immer hielt er auf Abstand, sah sich aber stets als ‘teilnehmender Chronist’. Holtappel gilt längst als bedeutendster Oberhausener Fotograf des 20. Jahrhundert und ist ein Klassiker der Ruhrgebietsfotografie. Diese Liebe war sein Lebensthema. Während eines Urlaubs in den Tiroler Bergen fragte er seine Ehefrau Herta: „Was soll ich denn hier fotografieren?“

2017 kaufte die Stadt Oberhausen von seiner Familie das noch in seiner Wohnung vorhandene Foto-Archiv mit mehreren hundert Abzügen und dem Fundus von 360.000 Negativen für einen Betrag von 50.000 Euro. Ab den 1990er Jahren wurde RH auch museal wahrgenommen und wertgeschätzt. Das habe ihn sehr gefreut.

Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt kann sich übrigens bildhaft vorstellen, wie sich RH ‘auf seiner Wolke sieben ein Auge zukneift ob seiner Wertschätzung heute. Im Kunstmarkt werden seine Bilder bis 800 Euro gehandelt.

Rudolf Holtappel, Selbstporträt, o.J. © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

Rudolf Holtappel, Selbstporträt, o.J. © Rudolf Holtappel, Nachlass LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen.

2007/2008 Neuaufnahme von Holtappel-Serien mit den Themen Arbeitssicherheit 1959, Siedlung,
Arbeit, Freizeit ins Pixelprojekt_Ruhrgebiet, einer Gründung von Peter Liedtke (Fotokünstler, Kurator, Galerist, Autor). Es handelt es sich dabei um „die digitale Sammlung fotografischer Positionen als regionales Gedächtnis“.

Zur Ausstellung gibt es einen Katalog mit Texten von Miriam Hüning, Stefanie Grebe, Thomas Dupke und Dr. Christine Vogt; 272 Seiten mit zahlreichen Fotos, Verlag Kettler.

Ausstellung
Ruhrgebietschronist Theaterdokumentarist Warenhausfotograf
Werkschau Rudolf Holtappel 1950 bis 2013
noch bis 6. September 2020

Ludwig Galerie Schloss Oberhausen

Text: Hartmut Bühler, Fotograf (DGPh); Düsseldorf

Bund plant Machbarkeitsstudie für Bundesinstitut für Fotografie in Essen

$
0
0

Essen (idr). Die Bundesregierung plant eine Machbarkeitsstudie für das Bundesinstitut für Fotografie auf dem Welterbe Zollverein in Essen.

Grundlage dafür ist das Votum einer Expertenkommission, die sich im März dieses Jahres für den Standort Essen als Sitz des neuen Bundesinstituts ausgesprochen hatte. In der Stadt gebe es “eine hervorragende Konzentration von Einrichtungen und vorhandener Sachkompetenz zum Schwerpunkt Fotografie”, so die Begründung der Kommission.

Das Museum Folkwang, das Ruhr Museum und das Historische Archiv Krupp verfügen über vielfältige und reiche Sammlungen mit mehr als 6,5 Millionen Fotografien. Die Folkwang Universität der Künste zählt zu den größten Ausbildungsstätten zu Praxis, Geschichte und Theorie der Fotografie in Deutschland. Die vier Einrichtungen haben sich zu einem Zentrum für Fotografie zusammengeschlossen, um eine Basis für fortgesetzte Kooperationen zu schaffen.

Quelle: Informationsdienst Ruhr, 26. Mai 2020

Ausstellungen im Juni 2020

$
0
0

Trotz Corona doch schon wieder ein gut gefüllter Ausstellungskalender! Das ist eine freudige Überraschung und wir wünschen viel Seh-Vergnügen beim Besuch von Museen und Ausstellungsräumen zwischen Hamburg und Stuttgart.

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

noch bis 7.6.2020
„Entspannt euch! Freizeit im Ruhrgebiet“ – Fotografien aus der Sammlung des Pixelprojekt_Ruhrgebiet von Brigitte Kraemer, David Klammer und Dirk Krüll
St. Antony-Hütte
Antoniestraße 32-34
46119 Oberhausen
Industriemuseum LVR Oberhausen – Ausstellung

verlängert bis 31.7.2020
” Less and More“ Fotografien von Joachim Brohm
Beck & Eggeling
Bilker Str. 4-6
40213 Düsseldorf
beck-eggeling.de – Ausstellung

verlängert bis 31.7.2020
„Parallelwelten– Fotoarbeiten zur Kinderarmut in Deutschland“ Fotografien u.a. von Robert Freise, Yolanda vom Hagen, Harald Hoffmann, Stefan Kalscheid, Brigitte Kraemer, Frank Bruno Napierala, Achim Pohl, Andre Zelck
Wissenschaftspark Gelsenkirchen
Munscheidstr. 14
45886 Gelsenkirchen
wipage.de – Ausstellung

verlängert bis 16.8.2020
” Subjekt und Objekt – Foto Rhein Ruhr“ Fotografien u.a. von Joachim Brohm, Susanne Brügger, André Gelpke, Stefanie Grebe, Fatih Kurceren und Knut Wolfgang Maron
Kunsthalle Düsseldorf
Grabbeplatz 4
40213 Düsseldorf
kunsthalle-duesseldorf.de – Ausstellung

noch bis 6.9.2020
„Die Zukunft hat schon begonnen“ Fotografien von Rudolf Hotappel
Ludwig Galerie Schloss Oberhausen
Konrad Adenauer Allee 46
46049 Oberhausen
www.ludwiggalerie.de – Ausstellung
verlängert bis 13.9.2020

„Sichtweisen – Die neue Sammlung Fotografie“ Fotografien u.a. von Chargesheimer und André Gelpke
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
kunstpalast.de – Ausstellung

19.6. – 8.11.2020
Dokumentarfotografie Förderpreis 12 & 21. lettres.a.la.photographie.de – Fotografien u.a. von Christian Kasners
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

noch bis 1.6.2020
„Vertrautheit mit den Dingen“ Fotografien von Aenne Biermann
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
museum-folkwang.de – Ausstellung
verlängert bis 28.6.2020

„4100 Duisburg – das letzte Jahrhundert“ – Fotografien von Laurenz Berges
Josef Albers Museum – Quadrat Bottrop
Im Stadtgarten 20
46236 Bottrop
bottrop.de – Ausstellung
verlängert bis 4.10.2020

„Industries“ – Fotografien von Josef Koudelka
Schiffshebewerk Henrichenburg
Am Hebewerk 26
45731 Waltrop
lwl.org/industriemuseum – Austellung

noch bis 1.11.2020
„Die weite Stadt“ Fotografien von Heinz Josef Klaßen
Ruhr Museum
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
zollverein.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

verlängert bis 12.7.2020
„Untold Stories“ Fotografien von Peter Lindbergh
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
kunstpalast.de – Ausstellung

PixelprojektRuhrgebietNRWDeutschland

verlängert bis 12.7.2020
„An den Rändern der Seidenstrassen“ Fotografie von Eckhard Gollnow
VHS Photogalerie
Rotebühlplatz 23
70173 Stuttgart
vhs-stuttgart.de – Ausstellung
noch bis 2.8.2020

„Zeit-Zeug*innen -Ikonen des Bildjournalismus 1932-1986“
f³ – freiraum für fotografie
Waldemarstr. 17
10179 Berlin
fhochdrei.org – Ausstellung

2.6. – 23.8.2020
„Fotografie plus Dynamit“ junge deutsche fotografie
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin
adk.de – Ausstellung
verlängert bis 30.8.2020

„gute aussichten 2018/2019“ Arbeiten von John Heartfield
Deichtorhallen
Deichtorstr. 1-2
20095 Hamburg
deichtorhallen.de – Ausstellung

Viewing all 106 articles
Browse latest View live