Die LEG hat das Wohnhochhaus Hannibal I in Dortmund und 1.200 Wohnungen in der Neuen Stadt Wulfen zusammen mit mehr als 1.000 weiteren Wohnungen an einen Investmentfonds in die Karibik verkauft.
Hannibal I in der Dortmunder Nordstadt und Hannibal II in Dortmund-Dorstfeld sind Zeugen der Stadtsanierungen der 1960er und 1970er Jahre. Der Verkauf des im Film Jede Menge Kohle zu sehenden Dorstfelder Gebäudes an einen anderen Investor endete 2017 in der „beispiellosen Vertreibung von 753 Menschen aus ihren Wohnungen“.
Wegen fehlendem Brandschutz mussten die Bewohner ihre Wohnungen binnen einer Stunde verlassen und können seither trotz bestehender Mietverträge nicht zurück: Das Gebäude ist stromlos, versiegelt und verbarrikadiert. Es ist weiterhin völlig unklar, wie es weitergeht.
Wulfen-Barkenberg kann als verdichtete Ruhrgebietsgeschichte der Nachkriegszeit gelesen werden. Die 8.000 Mitarbeiter der komplett neuen und als leistungsstärkste Anlage des Reviers geplanten Zeche Wulfen sollten nicht in einer herkömmlichen Zechensiedlung, sondern einer ebenfalls komplett neuen und neuartigen Stadt leben – mit 50.000 Einwohnern, gemischter Struktur, modernen Leitbildern wie der Trennung von Autos und Fußgängern und ganz neuen Konzepten wie der Metastadt, der Finnstadt und dem Habiflex. Der Beginn der Arbeiten an der Zeche fiel mit dem Allzeithoch der Steinkohlenförderung 1957 zusammen.
Wulfen blieb die letzte Neugründung einer Steinkohlenzeche in Deutschland. Gebaut wurden nur die beiden Schächte und minimale Infrastruktur. Höchstens 408 Mitarbeiter förderten ab 1964 weniger als 10% der geplant gewesenen Tagesmenge. 1975 wurde die Anlage mit Fürst Leopold in Dorsten zusammengelegt und die Neue Stadt Wulfen als Wulfen-Barkenberg ebenfalls nach Dorsten eingemeindet.
Verfüllung der Schächte 2000, Abbruch der Tagesanlagen 2003, seither Brache, letzte Arbeiten unter Tage 2015
In Barkenberg lebten maximal 12.000 Menschen. Seit 1994 ist die Bevölkerungszahl rückläufig, zur Zeit beträgt sie 8.000. Große Teile des Viertels wurden in den lezten Jahren abgerissen, bestimmte andere wie die Finnstadt erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit.
Visuelles Gedächtnis
PixelProjekt in groß – Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat den Aufbau einer zentralen Einrichtung zur Bewahrung des fotografischen Kulturerbes des Landes angestoßen: „Die Werke herausragender deutscher Fotografinnen und Fotografen sind ein wichtiger Teil unseres nationalen Kulturerbes. Doch es gibt erheblichen Nachholbedarf dabei, dieses visuelle Gedächtnis unserer Gesellschaft systematisch zu sichern, aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Deshalb brauchen wir eine zentrale Einrichtung.“
Weder Museen noch Galerien seien dafür geeignet. Ein Team unter Thomas Weski und mit Ute Eskildsen soll nun Empfehlungen zu Struktur, Aufgaben und Funktionen einer solchen Einrichtung earbeiten.
Der Ankündigung voraus ging u.a. die Diskussionsrunde Fotoarchive – Kulturgut oder Handelsware? an der UdK Berlin am Anfang des Monats.
IndustrieFilm Ruhr ’19
„Erschließungs- und Bildungsarbeit zugleich“ – Schon mal zum Vormerken: Filmschätze aus Ruhrgebietsarchiven gibt es wieder am 17.11. bei der Industriefilm Ruhr zu sehen. Dauerhaft interessant sind die unten auf der Seite verlinkten umfangreichen Programmhefte von 1997 bis 2009. Manfred Rasch vom ThyssenKrupp-Aarchiv beschreibt, was Industriefilme interessant macht und wie sie erschlossen werden.
Und sonst?
„I’m an Outsider on the Inside“ – Bruce Davidson, Interview im New Yorker, Fotos aus Wales 1965, inclusive des Jungen mit dem Puppenwagen. //„Also: wie schreibt man Foto-Geschichte?“ – Neuere Ansätze von Stefan Gronert und Camera Austria – A History.
Text: Haiko Hebig